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E .
D i e g e s e l l s c h a f t l i c h e n L e i s t u n g e n
d e r K u n s t
Diese sind gleich jenen der Wissenschaft sowohl einerseits aus
den Leistungen im Haushalt des Einzelgeistes zu erkennen, wie
andererseits aus der „Aufgabenstellung“, welche von außen her an
die Kunst herantritt.
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Es wurde oben
1
auseinandergesetzt, daß es nicht angeht, der
Kunst im Rahmen des Einzelgeistes die Leistung der Unterhaltung
und Zerstreuung zuzuschreiben; dabei wird der Fehler gemacht, die
Kunst als ein Scheinhaftes dem Leben gegenüberzustellen. Die Kunst
ist selbst ein Stück Leben, denn sie ist Erlebnis nicht des Scheines,
sondern der Wirklichkeit der Dinge in ihrer reinsten Gestalt, in
ihrer wahren kosmischen Natur. Die Dichter sind Wohltäter, sind
gute Engel der Menschheit. Weil unsere Zeit keine großen Dichter
hat, ist sie unglücklich. Die Kunst leistet dem Menschen in der Auf-
schließung des eigenen Selbstes die Kenntnis des Idealen in der Welt
(wie schon aus Früherem hervorging
2
). Echte Kunst schweift nicht
in die Ferne, sie lehrt im Nahen als dem Alltäglichen durch das
Schöne das Wunderbare ergreifen. Darum mahnt Hölderlin: „Lerne
im Leben die Kunst, im Kunstwerk lerne das Leben — Siehst du
das Eine recht, siehst du das Andere auch.“ Und es war ein Grund-
thema der Romantik, daß Kunst das Leben mitgestalte, daß Kunst
und Leben nicht zu trennen seien. Kunst ist Bestandteil alles Lebens,
sie hat kein einzelnes, eigenes Gebiet für sich. Diese Erkenntnis ist
ein Grundpfeiler richtiger gesellschaftswissenschaftlicher Kunstlehre.
Danach liegt die gesellschaftliche Hauptleistung der Kunst in der
beispiellosen Gemeinsam-Machung persönlichster Inhalte, in der
Vergemeinschaftung eines sonst dem andern verschlossenen Inneren,
wie aus dem hervorgeht, was wir über die Stellung der Kunst im
Leben früher sagten. Die Menschen stünden einander ohne jene
Aufschließung des Seelischen, die der Kunst eigen ist
3
, unendlich
fremder und ärmer gegenüber. Darum hat sie auch eine besondere
v ö l k e r v e r b i n d e n d e Eigenschaft, die Spielhagen besonders
für den Roman hervorhob. Er sagt, „daß die Romane eines Volkes
1
Siehe S. 362 f.
2
Siehe oben S. 366.
3
Siehe oben S. 364 ff.