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dern) zu erklären. Zwar müssen auch die idealistischen Erklärungen
von der Erfahrung ausgehen und in diesem Sinne gewiß auch „empi-
risch“ sein, aber sie bleiben nicht beim äußeren Befunde stehen
und sind darum nicht „empiristisch“.
A. Die R e l i g i o n s t h e o r i e n d e r ä l t e r e n
n a t u r a l i s t i s c h e n S o z i o l o g i e
Unter den Begründern der modernen naturalistischen Religions-
wissenschaft sind David Hume und Ludwig Feuerbach hervorzu-
heben. Hume
1
hat in neuerer Zeit zuerst eindrucksvoll die Reli-
gion anthropomorphistisch erklärt und damit zugleich als Erzeugnis
wechselnder geschichtlicher wie psychologischer Umstände, das heißt
zugleich relativistisch und psychologisch, wie es auch sonst seinem
empiristi- / sehen Begriffsgebäude entspricht. Die Menschen,
meint er, machen sich ihre Göttervorstellungen nach ihren subjek-
tiven, mit den geschichtlichen Umständen wechselnden Wünschen
und Bedürfnissen; woraus folgt, daß die Göttervorstellungen unter
geschichtlichen und psychologischen Bedingungen entstehen und sich
entwickeln. — Ludwig Feuerbach
2
hat dann im Grunde die glei-
chen Gedanken auf Grund reicheren geschichtlichen Stoffes wieder
entwickelt und damit zu seiner Zeit großen Eindruck in Deutsch-
land gemacht (namentlich auch auf Marx und Engels, Marx fiel dar-
aufhin von Hegel ab). Die Grundgedanken dieser beiden entschiede-
nen Empiristen wurden namentlich von der nachcomtischen Schule
der Soziologie planmäßig fortgeführt.
Die wichtigsten Erklärungen dieser älteren naturalistischen So-
ziologie, die heute noch, wenn auch in umgebildeter Gestalt, herr-
schen, sind:
1
David Hume: Essays and Treatises on several Subjects, Yol. 2: The Na-
tural History of Religion, London 1768.
2
Ludwig Feuerbach: Das Wesen des Christentums, Leipzig 1841; Das Wesen
der Religion, Leipzig 1845.
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