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gen durch den Vorrang des Metaphysischen die Einheit gesichert ist,
so muß auch im Bereiche des Handelns durch den Vorrang einer
Anstalt die Einheit gesichert werden. Der Staat ist nämlich a l l -
g e m e i n s t e Anstalt, als solcher ist er der Potenz nach (wenn-
gleich niemals aktuell) Inbegriff aller Anstalten; und in diesem
Sinne des Vorranges ist er E i n h e i t s e r s c h e i n u n g .
Als allgemeinster und die Einheit alles Handelns verbürgender
Stand ist er aber auch H ö c h s t s t a n d , das heißt Leiter und
Richter aller anderen Stände. „Höchststand“, „allgemeinster Stand“,
„Einheitserscheinungen“ sind Wechselbegriffe, die dem Vorrange
des Staates entspringen und anzeigen: daß der S t a a t i m
S t u f e n b a u e d e r O r g a n i s a t i o n e n e i n e S t u f e
v o n a u s g e z e i c h n e t e r A u s g l i e d e r u n g s f ü l l e u n d
E i n h e i t i s t — in Entsprechung zu Recht und Volkstum.
„Allgemeinster Stand“ will nicht sagen, daß der Staat alle ande-
ren / Stände schluckte und der einzige Stand sei, der alles an sich
ziehe; sondern nur, daß er sie überhöhe. Die sogenannte „Omnipo-
tenz“ des Staates, die von manchen Lehrern verfochten wurde, kann
nie aus universalistischen Vordersätzen abgeleitet, sie kann nur aus
der individualistischen Unmittelbarkeit und Zentralisation her be-
gründet werden
1
. Eigentlich folgt aus den individualistischen Vor-
aussetzungen her ein Mindestmaß der Staatsaufgaben und das
Nicht-Einmischen in die Angelegenheiten der Einzelnen; wird das
preisgegeben, so folgt aus der Unmittelbarkeit und Zentralisation
die Aufsaugung aller Stände, die als „Staaten“ im Staate folge-
richtigerweise nicht geduldet werden. Wird aber der Staat selbst
nur als Stand aufgefaßt, so erscheint er ungezwungen als der all-
gemeinste und höchste Stand, der das gerade nur darum sein kann,
weil auch die anderen Stände sind.
Nun kann auch nicht mehr allein von einer „Staatssouveränität“
gesprochen werden. J e d e r S t a n d h a t s e i n e a r t e i g e n e
H e r r s c h e r g e w a l t , s e i n e a r t e i g e n e „ S o u v e r ä n i -
t ä t“. Die arteigene Herrschergewalt (Souveränität) eines Standes
ist nicht von dem Willen der Einzelnen abgeleitet (wie das die indi-
vidualistische Auffassung für die Staatssouveränität behauptet.
„Volkssouveränität“ als Quelle der „Staatssouveränität“); sondern
1
Siehe oben S. 207.
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