Previous Page  593 / 749 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 593 / 749 Next Page
Page Background

[502/503]

595

gen durch den Vorrang des Metaphysischen die Einheit gesichert ist,

so muß auch im Bereiche des Handelns durch den Vorrang einer

Anstalt die Einheit gesichert werden. Der Staat ist nämlich a l l -

g e m e i n s t e Anstalt, als solcher ist er der Potenz nach (wenn-

gleich niemals aktuell) Inbegriff aller Anstalten; und in diesem

Sinne des Vorranges ist er E i n h e i t s e r s c h e i n u n g .

Als allgemeinster und die Einheit alles Handelns verbürgender

Stand ist er aber auch H ö c h s t s t a n d , das heißt Leiter und

Richter aller anderen Stände. „Höchststand“, „allgemeinster Stand“,

„Einheitserscheinungen“ sind Wechselbegriffe, die dem Vorrange

des Staates entspringen und anzeigen: daß der S t a a t i m

S t u f e n b a u e d e r O r g a n i s a t i o n e n e i n e S t u f e

v o n a u s g e z e i c h n e t e r A u s g l i e d e r u n g s f ü l l e u n d

E i n h e i t i s t — in Entsprechung zu Recht und Volkstum.

„Allgemeinster Stand“ will nicht sagen, daß der Staat alle ande-

ren / Stände schluckte und der einzige Stand sei, der alles an sich

ziehe; sondern nur, daß er sie überhöhe. Die sogenannte „Omnipo-

tenz“ des Staates, die von manchen Lehrern verfochten wurde, kann

nie aus universalistischen Vordersätzen abgeleitet, sie kann nur aus

der individualistischen Unmittelbarkeit und Zentralisation her be-

gründet werden

1

. Eigentlich folgt aus den individualistischen Vor-

aussetzungen her ein Mindestmaß der Staatsaufgaben und das

Nicht-Einmischen in die Angelegenheiten der Einzelnen; wird das

preisgegeben, so folgt aus der Unmittelbarkeit und Zentralisation

die Aufsaugung aller Stände, die als „Staaten“ im Staate folge-

richtigerweise nicht geduldet werden. Wird aber der Staat selbst

nur als Stand aufgefaßt, so erscheint er ungezwungen als der all-

gemeinste und höchste Stand, der das gerade nur darum sein kann,

weil auch die anderen Stände sind.

Nun kann auch nicht mehr allein von einer „Staatssouveränität“

gesprochen werden. J e d e r S t a n d h a t s e i n e a r t e i g e n e

H e r r s c h e r g e w a l t , s e i n e a r t e i g e n e „ S o u v e r ä n i -

t ä t“. Die arteigene Herrschergewalt (Souveränität) eines Standes

ist nicht von dem Willen der Einzelnen abgeleitet (wie das die indi-

vidualistische Auffassung für die Staatssouveränität behauptet.

„Volkssouveränität“ als Quelle der „Staatssouveränität“); sondern

1

Siehe oben S. 207.

38*