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Wirksame in der geführten Arbeit bildet. Darum: Ein einziger
Staatsheld gibt Jahrhunderten das Gepräge. Karl der Große, Otto
der Große bildeten / ihre Völker um und ordneten das Leben
Europas auf Jahrhunderte hinaus neu.
Obgleich der Staat sich nicht aus anderen Ständen herleitet, so
muß er doch ein allgemeines Verhältnis zu diesen Ständen gewin-
nen, da er ja zugleich ihr Oberleiter und, wenn sie versagen, ihr
Stellvertreter (Supplent) sein soll und muß. Daher kommt es, daß
der Staat mit den Lebensbedürfnissen aller Lebenskreise in steter
Fühlung bleiben muß. Die Führer der anderen Stände bilden daher
seinen natürlichen Beirat, seinen natürlichen Beratschlagungskörper.
Sie bilden aber keinesfalls die Wurzel, aus der sich der Staat bildet.
(Das wäre individualistisch gedacht, als würde sich der Staat von
Einzelnen oder wenigstens von Körperschaften ableiten, durch de-
ren „Zusammentreten“ entstehen.) Darüber hinaus kann der Stand
„Staat“ sogar „absolutistisch“ aufgebaut werden — wenn er nur
den anderen Ständen ihr wesensgemäßes Eigenleben läßt und selbst
in warm lebendiger Fühlung mit ihnen bleibt.
Das klingt heutigen Ohren befremdlich. Aber seit das unruhige
Volk der Franzosen der europäischen Welt ein 1789 bereitete und
das geistig überwältigte der Deutschen ein 1848, stürzte das staat-
liche Leben von Abgrund zu Abgrund, und man weiß nicht mehr,
was der Wahre Staat ist. Demokratische Anarchie hier, Bolschewis-
mus dort sind die Folge.
Weil der Staat ein eigener Stand mit eigener Aufgabe ist, hat er
dem Wesen der Sache nach auch nicht im Hinblick auf seine Geld-
mittel und Geldmacht von den anderen abhängig zu sein, jedenfalls
lange nicht so sehr, wie das heutige Steuerwesen zeigt. Wesensgemäß
ist es vielmehr, daß der Staat instand gesetzt werde, seine ordent-
lichen Bedürfnisse im großen und ganzen aus seinen eigenen Quel-
len zu speisen. Eigenbesitz, Domänen, Monopole aller Art und un-
mittelbare Einkünfte der höchsten Staatsführer und maßgebenden
Verrichtungsträger aus eigenem staatlichen Besitz, das ist es, was
die Natur der Sache verlangt, was auch immer in der Geschichte so
lange vorherrscht, bis der individualistisch-liberale Unstaat über die
Menschheit hereinbricht und sie an den Rand der Auflösung
drängt.
Ist das Leben körperschaftlich-ständisch geordnet (wie z. B. im