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kausal, er geht außerdem von einem falschen Begriff des Tausches aus
1
.
Nicht Werten, sondern Leisten ist das Erste an der Wirtschaft, nicht die
Preisbildung, sondern die Gliederung der Leistungen ist das Erste am
Tausch. Wert und Preis sind erst Größen, Grade der Leistungen,
nachdem das Leisten selber schon bestimmt ist; daher Eigenschaften
dieser Leistungen, Abgeleitetes, Sekundäres. Der leistungsmäßigen
Natur unserer Wissenschaft entsprechend, ist denn auch im ersten
Anbeginn bei noch unverdorbenem Instinkte die sachliche
Leistungslehre in sehr achtunggebietender Art und Umfänglichkeit
gepflegt worden. Dies war der Fall in der Wirtschaftslehre des Thomas
von Aquino
2
, es war der Fall beim Merkantilismus, dessen Lehre von
der Handelsbilanz, vom Gelde, und was sich daran anschloß, auf die
Erforschung der Volkswirtschaft in ihrer lebendigen leistsamen
Verknüpfung geht; es war auch der Fall in jenem Teile der Lehre des
Physiokratismus, die im „tableau économique“, in der Theorie der
Fruchtbarkeit der Stände wie des leistsamen „Kreislaufes“ der
Volkswirtschaft gegeben ist; es war auch teilweise der Fall im
Sozialismus, jedoch mehr in ethischer oder entwicklungstheoretischer
Form (siehe Marxens Akkumulationsgesetz und „geschichtlichen
Materialismus“), da er vorwiegend die Verteilungsgesetze im Auge hat;
weiter haben Carey, Dühring, Ruskin, endlich auch die geschichtliche
Schule und die realistische und statistische Forschung der neuesten Zeit
— indem sie sich alle von der Wert- und Preistheorie abwandten—dem
Aufbau der Volkswirtschaft aus sachlichen Leistungen ihr
Hauptaugenmerk zugewandt. Für alle diese Schulen und Richtungen
war nicht die Preislehre, sondern die Leistungslehre das Ziel. Die
weitaus großzügigste, auf Gegenseitigkeit und Allzusammenhang der
Leistungen gehende Forschung aber ging von Adam Müller und
Friedrich List aus, für ein begrenzteres Gebiet endlich von Thünen, wie
wiederholt bemerkt wurde. — Alle diese lehrgeschichtlichen Tatsachen
sind / ein Beweis dafür, daß wir mit unserer Auffassung der Wirtschaft
als eines leistsamen (gliedhaften) Gegenstandes und mit unserer
Begründung der Volkswirtschaftslehre auf den Leistungsbegriff, statt
auf den Wert- und Preisbegriff, recht haben. Wir schaffen nichts
grundlegend Neues — das
1
Siehe oben S. 317.
2
Vgl. seine staatswissenschaftlichen Schriften; Ausgewählte Schriften zur
Staats- und Wirtschaftslehre des Thomas von Aquino, herausgegeben von Friedrich
Schreyvogl (= Die Herdflamme, Bd 3), Jena 1923.