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e n t s p r i n g e n d , wechseln notwendig, bilden unendlich viele
konkrete Rangordnungen.
So geschieht es, daß die Volkswirtschaftslehre nicht zweckrichtend
vorgeht, sondern zum Gegenstand hat die Gültigkeits- /
zusammenhänge, jene G ü l t i g k e i t s - E n t s p r e c h u n g e n
u n d - V e r s c h i e b u n g e n u n t e r s u c h t , d i e i m R a n g -
O r d n e n a l s s o l c h e m , n i c h t i n e i n e r e i n z i g e n
l e i b h a f t i g e n (konkreten) R a n g o r d n u n g g e l e g e n
s i n d .
Denn indem die Vorzwecke nur als Zugeordnete von
Ursächlichkeiten, von ursächlichen Parallelismen in Erscheinung
treten, wird ein eigener Boden nicht nur für das Gelten als Vorzweck
und dessen Rangordnung geschaffen, sondern zugleich auch für den
steten Wechsel der Rangordnungen, da mit dem Wandel der
Ursächlichkeiten die Zuordnungen, also auch die Gültigkeiten
wechseln. Geltung als solche, die eine ewig gültige, die e i n e
Rangordnung verlangt, kann ja nur dem Eigenwerte (der Wahrheit,
Gerechtigkeit, Sittlichkeit und so fort) zukommen. Das Mittel aber
wechselt in seiner Gültigkeit, da es an die zugeordnete, veränderliche
Ursächlichkeit gebunden ist.
Solcherart ist die logische Natur der volkswirtschaftlichen
Begriffsbildung. Sie bietet gleich der Küste als Grenze des Ozeans, wo
Land auf Wasser folgt, das wunderbare Schauspiel einer Grenze der
Zweckwelt, wo die Bindung an die Ursachenwelt erfolgt, wo der Zweck
sich durch seine Tat eine Wirklichkeit erschafft — die Welt der Mittel
1
!
§ 43. Das Verhältnis der Volkswirtschaftslehre zu den
Naturwissenschaften, insbesondere zur Psychologie
Daß die volkswirtschaftlichen Begriffe nur Leistungsbegriffe sind
und niemals genetisch auf die naturhafte Wesenheit jener Dinge selbst
eingehen, welche als „Träger“ jener Leistungen erscheinen, wurde im
Laufe der Untersuchungen von allen Seiten her klargestellt. Demgemäß
ist das grundsätzliche Verhältnis der Volkswirtschaftslehre zu den
Naturwissenschaften damit gegeben, daß der
1
Über den Einwand, die Volkswirtschaftslehre sei eine Untersuchung und
Wissenschaft der Zwecke, nicht der Mittel, vgl. oben S. 305 f. — Über die
S o n d e r s t e l l u n g , welche der Volkswirtschaftslehre nicht nur der
Rechtswissenschaft, sondern allen anderen gesellschaftlichen Einzelwissenschaften
gegenüber zukommt, siehe Näheres in meiner Gesellschaftslehre, 3. Aufl., Jena 1930.