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der Erscheinungen aufzuzeigen, z. B. das Geld nicht, wie Ricardo und
Marx, metallistisch, sondern, wie Adam Müller, mehr staatlich zu
begreifen!) Nur e i n e Umbildung war Marxen gelungen: Er setzte der
Arbeitsteilung von Adam Smith die „Kooperation“ entgegen und begriff
in dieser Blickrichtung allerdings den volkswirtschaftlichen Prozeß als
einen gesellschaftlichen, auf Ganzheit, auf Wechselseitigkeit
ausgehenden statt als einen atomistischen; als Vergemeinschaftung statt
als bloße Teilung und Trennung der Arbeitshandlungen. Aber dieser
Begriff hatte auf sein Gebäude der Lehrbegriffe keine tiefere Wirkung,
Marx blieb in allen Grundbegriffen Epigone Ricardos
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.— Wir
unterscheiden weiter:
2. Die geschichtlichen Schulen der Volkswirtschaftslehre von
Roscher und Knies bis zu Schmoller. Diese haben Ricardo abgelehnt und
eine organische Auffassung angestrebt. Sie sind aber nicht nur
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Das „Recht auf den vollen Arbeitsertrag“ des Einzelnen ist übrigens auch in
politischer Hinsicht ein individualistisches Moment, das zur universalistischen
Grundrichtung unausgeglichen hinzutritt.
Es ist hier am Platze, ein Wort darüber zu sagen, in welchem Sinne die
universalistische Auffassung eine durchgehende „Organisierung“ und „Sozialisierung“
der Wirtschaft und Gesellschaft verlangt.
Die universalistische Auffassung der Gesellschaft (und das muß auch für die
Auffassung der Wirtschaft maßgebend sein) beruht grundsätzlich darauf, daß sie im
g e i s t i g e n Zusammenhang der Einzelnen das aufbauende Element aller Geistigkeit,
somit aller Gesellschaft und aller Wirtschaft erblickt. Sie sagt aber nichts darüber, ob die
Organisierung und überhaupt die Anbefehlung und Zurüstung eines geistigen
Zusammenhanges in allen Punkten und Orten des Lebens und der Gesellschaft stets
durchgeführt werden kann, muß oder auch nur soll. Die universalistische Auffassung
sagt also von sich aus noch nichts Bestimmtes über den angemessensten
Organisiertheitsgrad der Gesellschaft, sie fordert nicht notwendigerweise eine
durchgehende Organisierung von Wirtschaft und Gesellschaft! Diese Folgerung kann
gezogen werden, sie muß aber nicht gezogen werden. Ja, diese Folgerung wirklich zu
ziehen, bedeutet entweder nur: Grundsätze, Richtlinien aufzustellen oder aber — sie
bedeutet toten Doktrinarismus, Starrheit und Unlebendigkeit der Anschauung und des
inneren Verstehens dessen, was Gesellschaft und Wirtschaft ist. Was Platon später von
seinem besten Staate gesagt hat: daß er nur unter Göttern oder Göttersöhnen möglich sei
(Gesetze, 739c), das gilt auch vom Universalismus: Er ist nur eine Richtung, ein
Grundsatz, er gibt nur die eigentliche Substanz des Staatlichen als einer vollkommenen
Gemeinsamkeit an. Wieweit diese Gemeinsamkeit lebendig werden kann, wieweit sie
nicht gerade von Isolierung und Einzelheit, von Wettbewerb und Selbständigkeit der
Individuen durchbrochen werden soll, um weniger zu erreichen, aber das Wenige dafür
ganz (statt alles zu wollen und nichts zu verwirklichen) — das ist die Frage der Zeiten,
Völker, Charaktere und Umstände, wie sie die jeweilige