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k r e t e l e b e n d i g e G e g e n s e i t i g k e i t d e r G l i e d e r
d e r W i r t s c h a f t z u e r f o r s c h e n , a n f r u c h t b a r e r
a n a l y t i s c h e r A r b e i t i n s i c h s c h l i e ß t . Darin sehe ich
ihren größten Wert, und darin sind sie zugleich die Bekräftiger Adam
Müllers, die Bekräftiger der universalistischen Auffassung der
Volkswirtschaft überhaupt. Man kann, um sich das zu verdeutlichen, die
Lehre Lists in folgende Formeln bringen: Welche ist die
Lebensbedingung der einzelnen Industrie, wann gedeiht sie? Antwort:
Wenn alle gedeihen! Und das geschieht so: Das Bergwerk gedeiht, wenn
ein Hüttenwerk (als Abnehmer) da ist; das Hüttenwerk, wenn ein
Walzwerk, das Walzwerk, wenn eine Maschinenfabrikation, die
Maschinenfabrikation, wenn eine verarbeitende Industrie da ist — jedes
einzelne Großgewerbe gedeiht nur, wenn ein g a n z e s S y s t e m von
Großgewerben da ist — wenn alle gedeihen
1
! Wann gedeihen alle? —
wenn die Produktivkräfte wachsen! Wann wachsen und gedeihen die
produktiven Kräfte? — wenn sie eine geschlossene (die nationale)
Gemeinschaft bilden! Und im besonderen: Wann gedeiht die
Landwirtschaft? Antwort: Wenn die Industrie gedeiht! Ebenso bei
Thünen: Wovon hängt der Lohn ab, wann wächst er? — er hängt nicht
nur von Angebot und Nachfrage ab, sondern auch von der Erzeugung;
er wächst, wenn deren Ergiebigkeit wächst
2
. Hier wie in der bekannten
Standortlehre
Thünens
werden
nicht
atomhafte,
autarke
Tauschparteien,Wirtschafter, Wirtschaftsmittel, Wirtschaftskräfte
eingeführt; auch nicht einzelne landwirtschaftliche und ge-
1
D i e s e s B e i s p i e l d ü r f t e d a s d e u t l i c h s t e s e i n f ü r
d e n h i e r s o o f t g e b r a u c h t e n B e g r i f f : l e b e n d i g e
W i r k u n g d e s G a n z e n a u f d i e T e i l e , W e c h s e l s e i t i g k e i t
d e r T e i l e
i m G a n z e n !
2
Es möge gestattet sein, dies durch folgende kurze Darstellung genauer zu
zeigen:
Thünens Hauptleistung liegt bekanntlich in seiner Lehre vom Standorte der
landwirtschaftlichen Betriebssysteme und ihrer Abhängigkeit vom Preis. Diese Lehre ist
auch heute nicht genug gewürdigt. Sie besteht darin, daß sich um eine als Mittelpunkt
gedachte Stadt eines isolierten Staates die verschiedenen landwirtschaftlichen Systeme
je nach ihrer wachsenden Entfernung von der Stadt und ihrer Abhängigkeit vom Preis
in abnehmender Intensität (mit der einzigen Ausnahme der Forstwirtschaft) gruppieren.
Darin liegt der geniale Nachweis, daß nicht das technisch fortgeschrittenste und
vollkommenste System schon auch das wirtschaftlichste ist, sondern daß nur eine
relative Rationalität der einzelnen Betriebssysteme besteht.