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Scheidung oder Nebeneinanderstellung stellt hier eine bloße Kon-

statierung zweier unterschiedlicher A r t e n v o n E r s c h e i n u n -

g e n des gesellschaftlichen Lebens vor: der Wirtschaft und des Rech-

tes. Diese können darnach zwar nicht ohne einander auftretend ge-

dacht werden, erscheinen aber dennoch als bloß derart unterschie-

dene gesellschaftliche Teilinhalte (= Arten sozialer Phänomene), daß

sie z. B. als je mit s e l b s t ä n d i g e r G e s e t z m ä ß i g k e i t

ausgestattet und in Wechselwirkung miteinander stehend gedacht

werden könnten. Würde man daher von dieser D e f i n i t i o n des

Sozialen aus zu einer grundsätzlichen Gegenüberstellung und Tren-

nung dieser beiden Elemente als „Form“ und „Stoff“ (letzterer ohne

selbständige Gesetzmäßigkeit) fortschreiten, ohne für diesen Schritt

eine besondere Rechtfertigung zu geben, so wäre dies ein Fehler.

Eine solche besondere Rechtfertigung jener speziellen Statuierung

eines grundsätzlichen, ausschließenden Gegensatzes müßte in dem

Nachweis bestehen:

a.

daß überhaupt bestimmte, als soziale „Form“ charakterisierbare

Tatsächlichkeiten den als „Inhalt“ charakterisierbaren gegenüber ein

s o l c h e s Eigenartiges darstellen, daß eine g r u n d s ä t z l i c h e

Auseinanderhaltung notwendig erscheint, und dabei dennoch die

„Form“ erst als das das Soziale in seiner Eigenart Konstituierende

erscheint (diese Forderung ist bei Stammler durch seinen teleologi-

schen Formbegriff, vorausgesetzt daß dieser haltbar ist, erfüllt);

b.

daß speziell nur j e n e Form-Tatsachen, welche Stammler a l -

l e i n im Auge hat (Recht und Konvention), die erforderlichen Son-

derstellungs-Unterschiede aufweisen und nicht auch alle anderen

zunächst als „Form“ zu begreifenden gesellschaftlichen Erscheinun-

gen, wie z. B. sprachliche, technische usw. Imperative und Regelun-

gen und insbesondere die Erscheinungen der individuellen oder

„ i n n e r e n “ Regelung (soziale Moral, Religion). — Endlich

müßte, im Falle diese Forderungen irgendwie erfüllt wären, nach-

gewiesen werden:

c.

daß jene, die Sonderstellung von Recht und Konvention bedin-

genden Unterschiede auch solche sind, welche es zugleich rechtferti-

gen, daß die Wissenschaft von der sozialen Form sich auf Recht und

Konvention beschränkt, womit ja die übrigen Regelungs-Tatsachen

des Zusammenlebens von der sozialwissenschaftlichen Behandlung

gänzlich ausgeschlossen werden.