Table of Contents Table of Contents
Previous Page  211 / 9133 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 211 / 9133 Next Page
Page Background

210

mische, Organische und Psychologische stellen. Gegenüber den Na-

turwissenschaften liegt dann die Eigenart der Sozialwissenschaft

nicht in einer ihr eigentümlichen Erkenntnis a r t, sondern in der

besonderen (kausalen) Bestimmtheit ihres Gegenstandes.

Diese Gegenüberstellung von realistischer oder empiristischer und

erkenntnistheoretischer Auffassung des Problems will nicht sagen,

daß die Begründung und der Aufbau einer realistischen Lösung nicht

gleichfalls in durchaus erkenntnistheoretischer Überlegung gesche-

hen könne. Sie soll vielmehr nur andeuten, daß hier in empirisch

Vorgefundenen Verschiedenheiten der zu bearbeitenden, realen

T a t s a c h e n die Eigenart des Sozialen und die Rechtfertigung

einer besonderen Wissenschaft davon gesucht wird, dort hingegen

nur die Eigenart der l o g i s c h e n T a t u n s e r e s V e r s t a n -

d e s in der Bearbeitung jener Tatsachen darüber entscheidet, ob

eine Erkenntnis s o z i a l wissenschaftlich ist.

Daß die realistische Auffassung des gesellschaftsbegrifflichen Pro-

blems nicht minder wesentlich einer erkenntnistheoretischen Be-

gründung und Durcharbeitung bedürftig und fähig ist, als jene er-

kenntnistheoretische selbst, beweisen insbesondere die Arbeiten

G e o r g S i m m e l s

1

. Unter den Vorzügen, welche diese aus-

zeichnen, zählt gewiß nicht zu den geringsten der, daß in ihnen die

methodologischen Grundprobleme der Sozialwissenschaft gründliche

1

Von S i m m e l s Schriften kommen in Betracht: O b e r s o z i a l e D i f -

f e r e n z i e r u n g ,

Soziologische

und

psychologische

Untersuchungen,

in:

Staats- und sozialwissenschaftliche Forschungen, herausgegeben von Gustav

Schmoller, Bd 10, Leipzig 1890; Das P r o b l e m d e r S o z i o l o g i e in:

Schmollers Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft im

Deutschen Reich, Jg 18, Heft 4, Leipzig 1894, S. 271 ff.; Zur M e t h o d i k

d e r S o z i a l w i s s e n s c h a f t , in: Schmollers Jahrbuch für Gesetzgebung,

Verwaltung und Volkswirtschaft im Deutschen Reich, Jg 20, Heft 4, Leipzig

1896 (eine Kritik von S t a m m l e r s „Wirtschaft und Recht“); Die S e l b s t -

e r h a l t u n g d e r s o z i a l e n G r u p p e , in: Schmollers Jahrbuch für Ge-

setzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft im Deutschen Reich, Jg 22, Heft 2,

Leipzig 1898, S. 235 ff.; S o z i o l o g i e d e s R a u m e s , in: Schmollers Jahr-

buch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft im Deutschen Reich,

Jg 27, Heft 1, Leipzig 1903, S. 27ff. — Von selbständigen Schriften: Die

P r o b l e m e

d e r

G e s c h i c h t s p h i l o s o p h i e , Eine erkenntnistheore-

tische Studie, Leipzig 1892, 2. Aufl. 1905 (Diese Ausgabe ist, obzwar sonst ganz

umgearbeitet, in den für uns in Frage kommenden Partien nicht erheblich ver-

ändert, daher dürfen wir oben die Zitate nach der ersten Auflage beibehalten.);

P h i l o s o p h i e d e s G e l d e s , Leipzig 1900.