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muß e i n e s o l c h e d e s V e r h ä l t n i s s e s v o n Z w e c k

u n d M i t t e l s e i n

1

.

Ihering bezieht dies aber doch nur wesentlich auf die sozialen

N o r m Wissenschaften, insbesondere auf die Ethik, während aller-

dings durch konsequente Verbindung dieses Satzes mit seinem Ge-

sellschaftsbegriffe auf der Hand liegt, alle Sozialwissenschaften für

normative Wissenschaften zu erklären. (Übrigens stellt Ihering an-

dererseits auch Nationalökonomie, Statistik usw. n i c h t als kau-

sale den teleologischen Disziplinen ausdrücklich gegenüber

2

.

Demgegenüber muß allerdings hervorgehoben werden: Während

bei Ihering das „Zweckgesetz“ als psychologisches Kausalitätsgesetz

aufgefaßt wird

3

, überhaupt nur geringe Strenge der erkenntnis-

theoretischen Erwägung waltet; während ferner eine bloß p r a k -

t i s c h - methodologische Durchführung jenes letzten Satzes ge-

fordert wird und derselbe speziell auch nicht mit dem Begriffe der

Gesellschaft in genügende methodologische Verbindung gebracht

wird, so daß daraus für Wesen und Methode der Gesellschaftswis-

senschaft kein entsprechender und hinreichend bestimmter Schluß

gezogen wurde — unternimmt Stammler eine streng e r k e n n t -

n i s t h e o r e t i s c h - methodologische Durchführung all dieser

Gedanken und basiert sie einheitlich auf den Gesellschaftsbegriff

selbst. Demnach sind zwar die sachlichen Grundgedanken der

Stammlerschen Doktrin in Iherings Lehre deutlich enthalten, aber

Stammler hat darüber hinaus mit Hilfe einer Sonderstellung der

„äußeren“ gegenüber der „inneren“ Regelung (was eine Abschwen-

kung von der empiristisch-utilitarischen zur Kantischen Morallehre

bedeutet), ferner mit Hilfe des Kantischen F o r m b e g r i f f e s

und einer Erfassung des Z w e c k b e g r i f f e s im Kantischen

Geiste

4

eine wahrhaft in sich geschlossene Grundlegung der Sozial-

wissenschaften durchgeführt.

1

Rudolf von Ihering: Der Zweck im Rechte, Bd 1, Leipzig 1877, Vorrede,

Kapitel I und II, S. 100 ff., 428 ff. und öfter.

2

Rudolf von Ihering: Der Zweck im Rechte, Bd 1, Leipzig 1877, S. 64 ff.,

69 und öfter, Bd 2, Leipzig 1883, S. 123 ff.

3

Rudolf von Ihering: Der Zweck im Rechte, Bd 1, Leipzig 1877, S. 4.

4

Diese beiden letzteren Unterscheidungen (des Kantschen Form- und Zweck-

begriffs) haben gegenüber Ihering folgende Wirkung: während bei Ihering die

menschlichen Bedürfnisse und die vereinbarten Regelungen noch immer im Ver-