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Umfange, aber praktisch doch in nicht geringem Maße in der Sozial-

wissenschaft fruchtbar werden. Außerdem haben ihre Arbeiten einen

unschätzbaren klärenden und anregenden Wert für die sozialwis-

senschaftliche Methodologie. Bei Stammler besonders erscheint zum

ersten Male eine G r u n d l e g u n g d e r S o z i a l w i s s e n -

s c h a f t m i t t e l s e i n e s G e s e l l s c h a f t s b e g r i f f e s ,

womit die erkenntnistheoretisch-methodologischen Probleme der

Sozialwissenschaft mindestens mit der Vollständigkeit und Klarheit

eines Schulbeispiels, nämlich einer wirklichen umfassenden Durch-

führung einer Begriffsbestimmung des Gegenstandes der Sozialwis-

senschaften herausgearbeitet sind. Stammler hat gezeigt, was uns

ein B e g r i f f d e r G e s e l l s c h a f t s e i n k ö n n t e

1

.

C. Rudolf von Ihering

Eine kurze Betrachtung der Ansichten Iherings

2

erscheint am

zweckmäßigsten im Anschlusse an Stammler anzustellen, obwohl

1

Zur näheren Klarstellung der Abhängigkeit und Unabhängigkeit Stammlers

von Kant verweise ich insbesondere auf die zwei Abhandlungen: F r i t z M e -

d i c u s : Kants Philosophie der Geschichte, in: Kant-Studien, herausgegeben

von Hans Vaihinger, Bd 7, Berlin 1902, besonders S. 13, 194 f., 203 ff. und

öfter; A u g u s t

P f a n n k u c h e : Der Zweckbegriff bei Kant, in: Kant-

Studien, Bd

6

, Berlin 1901, S. 51 ff. — Für die Methodologie im Kantischen

System überhaupt verweise ich auf das Buch von O s k a r E w a l d : Kants

Methodologie in ihren Grundzügen, Berlin 1906.

Auch mag hier ein gewisses Verwandtschaftsverhältnis Stammlers mit H e r -

b a r t nicht unerwähnt bleiben. H e r b a r t s a h d a s W e s e n d e r G e -

s e l l s c h a f t — die er allerdings in Gegensatz zum Staate brachte — in der

V e r e i n i g u n g d e s W i l l e n s M e h r e r e r z u e i n e m g e m e i n -

s a m e n Z w e c k e . Er versuchte aber nicht eine teleologische Betrachtung

dieser Erscheinungen, sondern eine solche nach den Gesichtspunkten der Mecha-

nik und Statik des Geistes, also eine psychologische, kausale Betrachtung, z. B.

indem er die Begriffe von Gleichgewicht, Hemmung, Schwelle usw. an dieselben

herantrug. (Vgl. Johann Friedrich Herbart: Sämtliche Werke, Leipzig 1850 f.,

Bd 2, S. 133 ff., Bd

6

, Einleitung, Bd

8

, Bd 9: „Über einige Beziehungen zwi-

schen Psychologie und Staatswissenschaft“.)

2

Rudolf von Ihering: Der Zweck im Rechte, 2 Bde, Leipzig 1877 und 1883.

— Eine kurze Darstellung der g a n z e n Lehre Iherings bei C é l e s t i n

B o u g l é : Les Sciences sociales en Allemagne, Les méthodes actuelles, Paris

1896, S. 101 ff. — Stammlers eigenen Andeutungen einer Bestimmung seines

Verhältnisses zu Ihering können wir grundsätzlich zustimmen (vgl. insbesondere

Rudolf Stammler: Die Lehre von dem richtigen Rechte, Berlin 1902, S. 603 ff.).