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214

vielfacher Beziehung zueinander; jede solche Beziehung ist eine ge-

genseitige Wirkung“

1

. Diese so entstehenden Verhältnisse erzeugen

eine Gruppe oder V e r b i n d u n g , welche als „einheitlich nach

innen und nach außen wirkendes Ding“ aufzufassen ist. Je nach

der Innigkeit der Verbindung sind die Formen von Gemeinschaft

und Gesellschaft im engeren Sinne zu unterscheiden: „Die Verbin-

dung wird entweder als reales und organisches Leben begriffen —

dies ist das Wesen der G e m e i n s c h a f t oder als ideelle und

mechanische Bildung — das ist das Wesen der G e s e l l s c h a f t

2

.

Gemeinschaft wird als lebendiger Organismus, Gesellschaft als ein

mechanisches Aggregat und Artefact verstanden.“

Nach de G r e e f ist die soziale Grundtatsache der K o n t r a k t

3

Diese ist als ein Verhältnis der freien Willensbestimmung der sozia-

len Elemente in ihren gegenseitigen Beziehungen offenbar eine Tat-

sache psychischer Wechselbeziehung zwischen Individuen. Demgemäß

ist ihm auch die Soziologie die Wissenschaft, welche „die Beziehun-

gen der Menschen untereinander“ erforscht

4

. Kontrakt und kon-

traktuelle Freiheit konstituiert die Gesellschaft als „organisme

contractuel“ gegenüber dem körperlichen Organismus, dem jede

Freiheit der Beziehungen der Elemente untereinander fehlt. —

Gleicherweise ist für A l f r e d F o u i l l é e , welcher der biologi-

schen Schule der Soziologie zugehört, der soziale Körper ein „kon-

traktueller Organismus“

5

.

G a b r i e l T a r d e erblickt das Wesen des Gesellschaftlichen

gleichfalls in einer bestimmten Art menschlicher Wechselbeziehung:

der Nachahmung. Diese ist ihm le phénomène social élémentaire.

Er definiert Gesellschaft als eine Gesamtheit (collection) von Men-

schen, soweit sie einander nachahmen

6

. Daher ist ihm denn auch die

Sozial- oder Kollektiv-Psychologie identisch mit der Soziologie.

1

Ferdinand Tönnies: Gemeinschaft und Gesellschaft, Abhandlung des Kom-

munismus und des Sozialismus als empirischer Kulturformen, Leipzig 1887, S. 3.

2

Ferdinand Tönnies: Gemeinschaft und Gesellschaft, a. a. O., S. 3.

3

Vgl. Guillaume de Greef: Introduction à la Sociologie, Bd 1, Brüssel 1886,

S. 76 ff., 140 f. und öfter; Les lois sociologiques, Paris 1893, S. 25 und öfter.

4

Guillaume de Greef: Les lois sociologiques, Paris 1893, S. 24 und öfter.

5

Alfred Fouillée: La Science sociale contemporaine, 3. Aufl., Paris 1896.

6

Gabriel Tarde: Les lois de l'imitation, 1. Aufl., Paris 1890, S. 70, 73, 75,

80 und öfter.