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samte gegenwärtige Soziologie a l l g e m e i n e G ü l t i g k e i t .

Um dies zu erhärten und zu verdeutlichen seien im Nachfolgen-

den die Begriffsbestimmungen der genannten Autoren kurz

skizziert.

C o m t e gebraucht das Wort Gesellschaft in verschiedenen Be-

deutungen. In welchem Sinne ihm ein f o r m a l e r Gesellschafts-

begriff überhaupt feststeht, ist unklar. Die Versuche von H. S i e t z

1

u n d H e i n r i c h W a e n t i g

2

, den Gesellschaftsbegriff oder

die verschiedenen Gesellschaftsbegriffe bei C o m t e klarzustel-

len, sind mißglückt (ganz besonders bei S i e t z ) . Im Ganzen

darf man wohl mit P a u l B a r t h annehmen, daß die Momente

des „consensus universelle“ (= gegenseitige All-Abhängigkeit) und

der „solidarité fondamentale“ als die wesentlichen Begriffselemente

des C o m t e sehen Gesellschaftsbegriffes anzusehen sind

3

. Die

durchgängige solidarische Abhängigkeit der Teile des gesellschaft-

lichen Organismus muß nun wohl jedenfalls als wesentlich psychisch

abhängig von C o m t e in seiner Schrift: On the Definition of Political Eco-

nomy and on the Method of Philosophical Investigation in that Science, in:

The Westminster Review, Bd 26, London 1836, entwickelt; vgl. dazu seine

Definition der Gesellschaft in seinem Werk: Die induktive Logik, Eine Darle-

gung der philosophischen Prinzipien der wissenschaftlichen Forschung, deutsch

von J. Schiel, Bd 2, 2. Aufl., Braunschweig 1862, S. 534; über die genannte

Schrift vgl. L e s t e r F . W a r d : Outlines of Sociology, New York 1898,

S. 12 ff.) — Simmel kommt also zwar keine eigentliche Priorität den anderen

Autoren gegenüber zu, jedoch erscheint ihm zum ersten Male jene Auffassung

in klarer Formulierung, Durchbildung und Durchführung, und seine Fassung

wird insbesondere deswegen am besten zum Gegenstande der Polemik gewählt,

weil bei ihm allein eine zureichende e r k e n n t n i s t h e o r e t i s c h e Ent-

wicklung und Nutzanwendung vorhanden ist.

Zur Geschichte des Gesellschaftsbegriffes vgl. insbesondere E b e r h a r d

G o t h e i n : Artikel Gesellschaft und Gesellschaftswissenschaft, in: Handwör-

terbuch der Staatswissenschaften, Bd 3, 2. Aufl., Jena 1900.

1

H. Sietz: Die Probleme im Begriffe der Gesellschaft bei Auguste Comte,

Dissertation, Jena 1891.

2

Heinrich Waentig: Auguste Comte und seine Bedeutung für die Entwick-

lung der Sozialwissenschaft, Leipzig 1894, S. 148 f.

3

Paul Barth: Philosophie der Geschichte als Soziologie, Leipzig 1897, S. 27 f.;

bei C o m t e selbst: Cours de philosophie positive,

6

Bde, 3. Aufl., Paris 1869,

insbesondere Bd 4, und: Systeme de politique positive, 4 Bde, Paris 1851—54,

besonders Bd 4 und Anhang. — Ober Comte vgl. ferner E r n s t B e r n -

h e i m : Lehrbuch der historischen Methode und der Geschichtsphilosophie,

4. Aufl., Leipzig 1903, S. 651 ff.