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gar nichts anderes sein als Sittlichkeit, als inneres Lebensgesetz des

Geistigen selber, das nur in Gezweiung, nur als Ganzheit sich findet

und daher den Einzelnen in sein Gesetz mit einbegreift.

Welche Ansicht vom Inhalte des Sittlichen man hat, ist für die

Gesellschaftslehre zunächst gleichgültig. Was der Einzelne immer als

sittlich betrachten möge, für die universalistische Gesellschaftserklä-

rung bleibt die Grundtatsache unberührbar, daß in dem Verhältnis

zum anderen schon die innere Lebensbedingung des Einzelnen ent-

halten, das Individuell-Sittliche daher auch das Sozial-Sittliche ist.

Die Pflicht erscheint als das Lebensgesetz eines Objektiv-Geistigen

(als das Sacherfordernis des Ganzen) an dem ich nur in dem Maße

teilhabe, als es in mir, dem Gliede, wirklich wird, das heißt, als

geistige Gemeinschaft verwirklicht wird. Immer ist das S o z i a l e

die erste Form des Sittlichen, das I n d i v i d u e l l e die abgeleitete.

Demgegenüber ist der Individualismus vollkommen außerstande,

eine soziale Sittlichkeit zu begründen

1

. Der Einzelne kann Sitt-

lichkeit lediglich für sich haben; und es bleibt ihm nichts anderes

übrig, als den anderen, den er notwendig als Beschränkung seines

eigenen geistigen Lebensraumes auffassen muß

2

, möglichst von sich

zurückzuweisen und sich selbst von ihm möglichst zurückzuhalten.

So wird die soziale Sittlichkeit ebenso zu einem „Minimumbegriff“,

wie das Recht sich als „Minimumbegriff“ ergab. Folgerichtig zu

Ende gedacht, ist individualistisch eine andere Sittenlehre als die

Vertragslehre nicht möglich (wenn man den Machiavellismus und

Anarchismus als utopisch ablehnt). Der Individualist kann zuletzt

nur sagen: Der / andere ist mir nützlich, darum schließe ich einen

Vertrag. Diesen Vertrag zu halten, ist dann die einzige „Sittlich-

keit“, das heißt, eine Nützlichkeit, die im eigenen Selbst ihren

Grund hat. Das Halten des Vertrages ist geboten, weil sonst der

Einzelne noch viel mehr Schaden daraus hätte. Aus diesem Grunde

ist die Nützlichkeits-Sittenlehre in allen möglichen Abarten, offen

und versteckt, die einzige Weisheit aller Einzelheitslehrer der ver-

gangenen Jahrhunderte gewesen. Kant, der kein Nützlichkeits-

Sittenlehrer sein will, aber doch zum Teil Individualist (sehr wider

Willen) blieb, hat daher zwar die individuelle Sittlichkeit auf das

1

Zu dieser Erkenntnis gelangten wir auch schon früher (vgl. oben S. 24 f.).

2

Wie sich oben S. 27 f. und 29 f. zeigte!