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benshöchstmaß des Einzelnen erreicht. Lebenshöchstmaß des Ein-
zelnen und des Ganzen sind nach universalistischer Auffassung
Eines — daher auch die Gerechtigkeit Lebenshöchstmaß beider zu-
gleich ist; primär aber ist das Ganze. Wenn in einem Organismus
das Herz stärker ausgebildet werden sollte, als es seiner Stellung im
Ganzen entspricht, so wäre dieser Organismus krank. Die einseitige
Ausbildung des Herzens ginge auf Kosten der Gesundheit des Gan-
zen, somit wieder auf Kosten des Herzens selbst, das ja im Ganzen
leben muß.
Die Gerechtigkeit als Konstruktionsgrundsatz eines Ganzen er-
fordert Ungleichheit seiner Bestandteile, gleichwie ein Organismus
aus Herz, Lunge und anderen grundsätzlich ungleichen Gliedern
besteht. Die austeilende Gerechtigkeit hat also nicht Gleichheit, son-
dern Ungleichheit zur notwendigen Folge, organische Ungleichheit
(ein Gedanke, den wir später weiterzuverfolgen haben)
1
.
B. Der i n d i v i d u a l i s t i s c h e B e g r i f f d e r
G e r e c h t i g k e i t
Gibt es einen individualistischen Gerechtigkeitsbegriff? Die indi-
vidualistische Denkweise hat den Begriff der sogenannten ausglei-
chenden, e n t g e l t e n d e n o d e r k o m m u t a t i v e n G e -
r e c h t i g k e i t („sv toig CTuva/LÜYpacriv“ bei Aristoteles). Die „ent-
geltende Gerechtigkeit“ geht auf den biblischen Satz: Aug um Aug,
Zahn um Zahn. Ob dieser Satz den Namen Gerechtigkeit, oder nicht
vielmehr den der Rache verdiene, kann man bezweifeln, aber man
muß zugeben, daß er von der Voraussetzung des selbstgenugsamen
Einzelnen her folgerichtig sei. Bin ich autark, dann ist das, was ich
dem Anderen gebe, mein eigenes Erzeugnis und Eigentum. Dann
gebe ich richtigerweise nur, / wenn ich bekomme, und zwar wenn
ich mindestens ebensoviel bekomme, als ich gebe. „Gerechtigkeit“
geht daher hier auf den T a u s c h b e g r i f f zurück. Der Tausch
(individualistisch aufgefaßt) verlangt, im Idealfalle, daß gleich um
gleich gegeben werde. Der G e d a n k e d e r G l e i c h h e i t b e -
h e r r s c h t d i e e n t g e l t e n d e G e r e c h t i g k e i t . Diese
Gleichheit hat sich insbesondere in der individualistischen Wirt-
1
Vgl. unten S. 63 ff.