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Arbeit selbst produzierten Produktionsmittel“
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, das will sagen: es
wird Gesellschaftseigentum an den Erzeugungsmitteln und gemein-
same, gesellschaftliche Erzeugungsweise herrschen, aber Privateigen-
tum an Genußgütern.
III. Die Staats- und Gesellschaftslehre
Ist es zu einem planmäßigen Ausbau der Theorie des geschicht-
lichen Materialismus bei Marx niemals gekommen, so ist die Staats-
lehre, mit der Marx arbeitete, noch viel dürftiger geblieben. Es sind
zum großen Teile / nur Gelegenheitsschriften oder gar Ausführun-
gen mehr agitatorischer Art, auf die wir hier angewiesen sind
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.
Dennoch ist Marxens Staatslehre für eine Gesamterklärung der Ge-
sellschaft und ihre Entwicklung unentbehrlich und muß daher hier
behandelt werden.
A. Das W e s e n d e s S t a a t e s
Es liegt nach Marx darin beschlossen, eine Zwangsordnung zur
Sicherstellung der Ausbeutung der unteren Klassen durch die oberen
zu sein. „Die moderne Staatsgewalt ist nur ein Ausschuß, der die
gemeinschaftlichen Geschäfte der ganzen Bourgeoisieklasse verwal-
tet“, sagt Marx im kommunistischen Manifest. Jeder Staat ist Klas-
senstaat.
Unmittelbar auf die soziale Revolution folgt nach dem kommu-
nistischen Manifest gleichfalls ein Klassenstaat, nämlich die „Dikta-
tur des Proletariats“. Der „erste Schritt in der Arbeiterrevolution“,
sagt das kommunistische Manifest weiter, wird „die Erhebung des
Proletariats zur herrschenden Klasse“ sein. — Der neue „Staat“
(wie ihn das Manifest ausdrücklich nennt) wird das „als herrschende
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Karl Marx: Das Kapital, Bd 1, Hamburg 1867, S. 728 f.
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Alle zerstreuten Stellen und Belege wurden zusammengetragen von Hans
Kelsen: Sozialismus und Staat, eine Untersuchung der politischen Theorie des
Marxismus, Leipzig 1920. Das Buch steht zwar selbst auf individualistisch-demo-
kratischem Standpunkte, zeigt aber klar den Widerspruch, der zwischen dem
politischen Anarchismus und dem wirtschaftlichen Kollektivismus Marxens be-
steht. Vorher geschah dies schon in der 5. Auflage meines Buches: Die Haupt-
theorien der Volkswirtschaftslehre, die Ende 1919 erschien (datiert Leipzig 1920),
wo der Raum allerdings nur einen Hinweis gestattete (S. 153).