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die sich aus der Durchführung des S i m m e l schen Kriteriums der
einheitlichen Wirkung selbst ergibt.
S i m m e l stützt die Behauptung, daß das Übergehen eines Ge-
samtzustandes in einen anderen das Ergebnis der Wirksamkeit vieler
spezieller Gesetze, aber nicht selbständig gesetzmäßig sei, auf die
Notwendigkeit der Zerlegung der Gesamtwirkung in Teilwirkun-
gen, welche wir aussondern können, wenn wir ihre Wirksamkeit
auch in anderen Kombinationen beobachtet haben. Durch die Fort-
setzung dieses Weges behauptet er, zu den letzten Elementen des
Geschehens zu gelangen, einmal, ohne zu beachten, daß dadurch
notwendig metaphysische Konstruktionen entstehen, und ferner
ohne zu beachten, daß von dieser Eventualität der „Fortsetzung“
des Weges für unsere Frage auch ganz abgesehen werden kann. Es
handelt sich an dieser Stelle wesentlich darum, zweierlei einzusehen:
1. S i m m e l s Auffassung jener Tatsache der Notwendigkeit der
Zerlegung von Veränderungen des Gesamtzustandes in Verände-
rungen der Teile ist m e t a p h y s i s c h . Denn diese Tatsache hat
nicht die Bedeutung, daß in den Teilen die allein reale „Kraft“ sitzt,
sondern sie bedeutet nur, daß in einem Ganzen in einem Gesamt-
zustande T e i l e in einheitlicher Kausalverknüpfung erscheinen.
Daß d i e s e T e i l e i n a n d e r e n G e s a m t z u s t ä
n
d
e
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i n a n d e r e r K a u s a l v e r k n ü p f u n g e r s c h e i n e n , i s t
f ü r d i e U n t e r s u c h u n g d e s e r s t e r e n G e s a m t z u -
s t a n d e s b e d e u t u n g s l o s , im übrigen aber — selbstver-
ständlich. Schon von diesem Gesichtspunkte aus erscheint jene
S i m m e l sche „Fortsetzung“ der Zerlegung von zweifelhafter
Richtigkeit. S i m m e l verlegt die Wirksamkeit von „realen Kräf-
ten“ nur in die „letzten Bestandteile“. „Das einzig Reale sind die
Bewegungen der kleinsten Teile und die Gesetze, welche diese re-
geln.“ Die für die Forschung nützlichen Hilfshypothesen und Hilfs-
begriffe einfachster Teile werden ihm zum einzig Realen, zum ein-
zig Wirksamen! Alle übrige Wirklichkeit ist also in ihrem Existen-
zialwerte degradiert! Hier erscheinen also die allgemeinsten Gesetze
(Begriffe) von allgemeinst begriffenen Teilen oder Einfachheiten
nicht mehr als Hilfsmittel der wissenschaftlichen Beschreibung, das
heißt als Konsequenzen materieller wissenschaftlicher Begriffsbil-
dungen, sondern sie werden in anthropomorphistischer Art zum
„einzig Realen“, zum F e t i s c h .