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rungsbedingung

1

. Zusammenhang der beiden Veränderlichen heißt

also stets g e g e n s e i t i g e r Zusammenhang, und wenn in die-

sem Momente der g e g e n s e i t i g e n Abhängigkeit das Wesent-

liche der Wechselwirkung liegt, f ä l l t s i e m i t d e m B e g r i f f

d e s

K a u s a l z u s a m m e n h a n g e s

z u s a m m e n . Man

kann dann allerdings noch den Spezialfall eines Doppel-Kausal-

verhältnisses, wo beide Größen V

1

und V

2

durch je gleichzeitige

Eigen-Änderungen einander gegenüber (und das heißt im Sy-

s t e m V

1

V

2

) zu Änderungsbedingungen werden, passend als

Wechselwirkung bezeichnen. Zum Beispiel zwei Kugeln, die beide in

Bewegung sind und einander treffen, zum Unterschiede von dem

Fall, wo nur eine Kugel in Bewegung ist und auf die andere stößt.

Die resultierenden Bewegungen sind im ersten Falle das Ergebnis

von Änderungen von V

1

u n d V

2

, im zweiten Falle von Änderun-

gen von V

1 2

. Die Zusammengesetztheit dieses Kausalverhältnisses

ist aber etwas Zufälliges, Nicht-Prinzipielles, dem auch in der Be-

ziehung, in der S i m m e l den Begriff verwendet, keine weitere

Bedeutung zukommt. Daß aber die Bestimmung der sozialen Pro-

zesse als kausal verknüpfte einerseits ebenso selbstverständlich als

andererseits (im Zusammenhange des gesellschaffsbegrifflichen Pro-

blems) bedeutungslos ist, braucht nicht weiter ausgeführt zu wer-

den

3

.

Somit sind wir an unserem Beweisziele I

1

und I

2

angelangt:

daß die Bestimmung des Gegenstandes der Sozialwissenschaften

als Tatsachen der W e c h s e l w i r k u n g grundsätzlich nur die

Frage nach der e r k e n n t n i s t h e o r e t i s c h e n M ö g l i c h -

k e i t einer Sozialwissenschaft als selbständiger Wissenschaft be-

trifft

4

, und daher das eine Wechselwirkung als spezifisch g e s e l l -

1

Vgl. R i c h a r d A v e n a r i u s : Kritik der reinen Erfahrung, Bd 1, Leip-

zig 1888, S. 26.

2

Vgl. R u d o l f W i l l y : Die Krisis in der Psychologie, Leipzig 1899, S. 37.

3

Eine ganz andere Bedeutung hat die Trennung der Kausalität und Wechsel-

wirkung als K a t e g o r i e n bei Kant. Hier geht die Kategorie der Kausalität

auf die Veränderung schlechthin (genauer: bestimmte Veränderungsreihen sind

Akzidentien einer Substanz), und somit verbleibt der Zusammenhang der Ak-

zidentien m e h r e r e r Substanzen untereinander zu erklären (durch die Kate-

gorie der Wechselwirkung). — Im M e t h o d i s c h e n aber ist der Kausalitäts-

begriff von vornherein der von Wechselbeziehung!

4

Dies wird S i m m e l selbstverständlich zugeben, kaum aber a l l e die

Autoren, die zu dieser Gruppe gehören. Man trifft da manchmal auf die unklare