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ausübung“ nennen möchte. Das Gute kann nicht über alles herr-

schen, was gut und schlecht ist, sondern nur über dasjenige, was ihm

im Guten eben noch nahe genug steht. Die formale Ausübung der

Herrschaft ist auf Abstufung, auf Heruntersinken angewiesen und

kann über das geistig-moralisch Fernerstehende nur mittelbar aus-

geübt werden. Das Beste hat die stärksten Beziehungen zu dem

(sittlichen) Ganzen, die stärkste magnetische Kraft in sich. Denn

H e r r s c h a f t h e i ß t z u e r s t : g e i s t i g e G ü l t i g k e i t .

Dies findet dann organisatorisch seinen Ausdruck in: M a c h t -

a u s ü b u n g i m S i n n e g e i s t i g e r G ü l t i g k e i t . Andere

Machtausübung aber, ohne die Grundlage geistiger Gültigkeit, ist

Mißbrauch der Machtausübung, ist Knechtung und nicht von wah-

rer Dauer.

Für das Herrschen im Sinne geistiger Gültigkeit gilt daher fol-

gende Kette:

Das Beste soll herrschen über das Gute; das Gute soll (indem es

die Herrschaft des Besten in seiner Weise weitergibt) herrschen über

das weniger Gute; das weniger Gute soll (indem es die empfangene

Herrschaft wieder in seiner Weise weitergibt) herrschen über das

Beste unter dem Schlechten, das Beste unter dem Schlechten soll

herrschen über das Schlechte usw. Das Schlechteste hat die geringste

Tauglichkeit zum Aufbau des sittlichen Ganzen; insofern es diese

überhaupt hat, ist es doch noch ein wenig gut. Dieses bißchen Güte

macht es zum Glied. Die H e r r s c h a f t k a n n i h r e r N a -

t u r n a c h n u r s t u f e n w e i s e v o n o b e n n a c h u n t e n

g e h e n , und zwar unmittelbar hinab stets nur bis zum jeweils

noch verwandten Kreise, niemals aber unmittelbar vom obersten

zum untersten Kreise .— Alle vorbildlichen, wohlgestalteten Herr-

schaftsgebilde (Organisationen) zeigen deutlich dieses Bild der Herr-

schaftsausübung. Wer in der alten Armee gedient hat, weiß genau,

wie die Ausübung der Befehlsgewalt tatsächlich vor sich ging und

wie dieser Weg zugleich sich immer als der beste, ja einzig mögliche

herausstellte. Wenn der General sieht, daß die Soldaten etwas schlecht

machen, geht er nicht hin und sagt es ihnen selbst (auch wenn dies

technisch möglich wäre), sondern er lädt die Obersten vor und gibt

diesen seine Befehle; auch diese sagen es nicht ihren Soldaten, son-

dern sie laden die Abteilungsführer vor und geben den Befehl in

ihrer Weise weiter, diese geben ihn abermals weiter, und schließlich