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[192/193]

des demokratisch-individualistischen Staates haben wir ja schon in

mehreren Zusammenhängen kennengelernt.

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Die ständische Auffassung der Gesellschaft bedeutet dagegen not-

wendig Mittelbarkeit des Verhältnisses von Einzelnem und Staat,

sie bedeutet damit Selbstbestimmung des Standes und Aufbau der

Gesamtorganisation aus diesen in sich selbst bestimmten Teil-Orga-

nisationen (nicht unmittelbar aus Individuen). Wir wiederholen:

Ständische Gliederung bedeutet Dezentralisation des gesellschaft-

lichen Aufbaues und Mittelbarkeit desselben. Im ständischen Ge-

meinwesen sind nicht die Atome (Bürger) zu dem Ganzen (Staat)

zusammengesetzt, sondern das Gesamtganze ist in Unterganzheiten

(Stände) gegliedert. In ihm sind einerseits die Teilkräfte verselb-

ständigt, nach Verwandtschaft ihrer eigenen Bestandteile in sich

ausgeglichen und in Freiheit gesetzt; andererseits ist die Ganzheit

aus Teilsystemen aufgebaut, also dezentralisiert in Erscheinung tre-

tend (nämlich zum „Stand“ gemacht).

Die Dezentralisierung sagt ferner, daß die H e r r s c h a f t i m

V e r h ä l t n i s d e r S t ä n d e n i c h t v o n u n t e n h i n a u f ,

s o n d e r n v o n o b e n h i n u n t e r w e i t e r g e g e b e n

w i r d . Der niedere Stand „delegiert“ (seinem Begriffe nach) nicht

eine Herrschergewalt nach oben, wie in der Demokratie, sondern

er e m p f ä n g t von der höheren Ganzheit jeweils sein Recht,

seinen Ort und seine Eingliederung; sein Innenleben und sein In-

nenrecht bleibt ihm frei, soweit die Belange der Gesamtheit nicht

gestört werden und gestaltet sich nach dem Grundsatz „Gleichheit

unter Gleichen“.

Wenn nun die verhältnismäßige Selbständigkeit der Stände be-

deutet, daß diese ihr verhältnismäßiges E i g e n l e b e n führen, so

heißt dies in organisatorischer Hinsicht nicht weniger als: daß alle

zentralistische Regierung, daß mit einem Worte der zentralistische

Beamtenstaat, wie wir ihn heute vor uns sehen, gegen die Natur

der Gesellschaft ist, und läßt uns die K r i s i s d e s B e a m t e n -

s t a a t e s , von der man heute mit Recht spricht, verstehen, die

in dem ungeheuren, aber für heutige Verhältnisse unvermeidlichen

Anwachsen der Beamtenschaft besteht. Der zentralistische Staat ist

entweder: (1) der Staat des aufgeklärten absoluten Fürstentums,

oder (2) der Staat der liberal-konstitutionellen und der reinen De-

mokratie, und endlich (3) der (am meisten zentralistische) Staat des