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geistigen Gütern der Kultur teilnehmen. Nur s o f e r n d i e u n -

t e r e n S t ä n d e a n d e n h ö c h s t e n g e i s t i g e n G ü t e r n

d e r f ü h r e n d e n S t ä n d e A n t e i l n e h m e n , s i n d s i e

S t ä n d e — s o f e r n n i c h t , s i n d s i e F r e m d k ö r p e r i n

d e r G e s e l l s c h a f t , / abgesonderte Sklavenhaufen. Ja, ge-

rade die innere Einheitsbeziehung zu den höchsten geistigen Gütern

der Kultur ist das letzte Kriterium einer Zeit, einer Verfassung,

eines politischen Systems, einer Gesellschaffsordnung. Wo diese Ein-

heit in so überwältigendem Maße hergestellt ist, wie im Mittelalter,

da ist Kultur, da ist eine vollkommene Gesellschaff; wo sie fehlt —

wie die heutige Kluft zwischen Bildung und Unbildung zeigt — da

ist die unvollkommenste Gesellschaft, da ist Barbarei. Dem Wesen

der Gesellschaft entspricht es, daß auch die Landarbeiter und der

ganze Nährstand als geistiger Stand eine innige (wenn auch noch so

vermittelte) Teilnahme an den geistigen Gütern der höchsten

Schichten, einen hellen Abglanz von Geistigkeit zeigen.

Der politische Stand ist Nährstand in dem Maße, als er in der

Volkswirtschaft den Dienst von „Kapital höherer Ordnung“ ver-

richtet, als z. B. die Handelsverträge des Staatsmannes, als die Ver-

waltungstätigkeit des Beamten „Wirtschaftsmittel“ für den Kauf-

mann und Gewerbetreibenden sind

1

. Wo Rechtssicherheit herrscht,

wo eine sichere, vernünftige Verwaltung dem Wirtschafter alle Mit-

tel darbietet, die er zur Abwicklung wirtschaftlicher Beziehungen

mit anderen braucht, da ist „Recht“, „Staat“, „Verwaltung“ überall

ein „Wirtschaftsmittel“, ein Kapital von größter Bedeutung, aber

ein nicht im ausführenden Wirtschaftsgang selbst hergestelltes Kapi-

tal (daher K a p i t a l v o n „ h ö h e r e r O r d n u n g "

1

). Man kann

in diesem Sinne sagen, daß der politische Stand der aktivste Nähr-

stand ist, allerdings nur mittelbar. Wo er diese Bestimmung nicht

erfüllt, da ist etwas krank an ihm: Bestechlichkeit oder starre

Autoritätssucht, bureaukratisches Wesen und dergleichen. Der poli-

tische Stand ist auch aktivster Wehrstand, insofern die Leitung der

Politik über Krieg und Frieden entscheidet und Hüter oberster

Ganzheit ist.

In geistiger Hinsicht endlich ist der politische Stand sowohl Zu-

* 4

1

Näheres darüber siehe in meinem Fundament der Volkswirtschaftslehre,

4. Aufl., Jena 1929, § 10, 4: jetzt: 5. Aufl., Graz 1967 (= Othmar Spann Ge-

samtausgabe, Bd 3).