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Verderb oder wenigstens durch Ehre und Streben mit dem Erfolg

ihres Amtes, das heißt lebendig, nicht als Mietling, verbunden sind!

Freilich haben auch diese Beamten wieder ihre Schreiber, das heißt

ihre Unterbeamten, ihre hauptberuflichen Organe; aber deren Wille

wird nicht befohlen vom Minister, sondern mitbestimmt vom

Zunft-Kollegium, von der Sondergenossenschaft, auch wird ein Teil

der Arbeit stets ehrenamtlich erledigt, was bei der großen Staats-

maschine unmöglich ist.

Diese Erwägungen führen zu einer grundlegenden Einsicht in das

ganz andere Gefüge eines solchen Staates, in welchem die Stände als

selbständige Körper erhalten bleiben und tätig sind (statt von einer

zentralistischen mechanisierenden Gleichmacherei aufgesogen zu

werden): Im ständischen Staate ist die Beamtenart allen tätigen Füh-

rern des Standes gleichsam in die Glieder gefahren. Sie sind aber

Beamte als Lebensführer, nicht durch Spezialistentum und Mietling-

tum, da sie mit ihrem Werk vom Leben aus verbunden sind. Der

Stand besorgt nicht nur Beamtengeschäfte (vorzugsweise nebenamt-

lich) durch die eigenen Standesführer, wodurch der riesenhafte zen-

tralistische Beamtenklüngel des Gleichheitsstaates, sei er absoluti-

stisch, liberal oder sozialistisch, auf ein Mindestmaß verringert wird;

auch die Geschäftsführung des Einzelnen selbst hat schon eine ge-

wisse Beamtennatur, sofern der Zunftgenosse beaufsichtigt, beauf-

tragt, eingefügt in eine Organisation arbeitet und wirtschaftet.

Geschichtlich ist zu bemerken, daß es nicht immer einen politi-

schen Beamtenstand von jener Ausdehnung, wie er seit dem aufge-

klärten Absolutismus in Europa aufgekommen ist, gegeben hat. Je

mehr die Verfassungen und Staaten ihren ständischen Charakter

gewahrt haben, um so weniger war ein eigener / zentralistischer

Beamtenstand vorhanden und fühlbar. Dieser ist daher keineswegs

die höchste Errungenschaft der geschichtlichen Entwicklung, sondern

gegenüber der ständischen Gliederung, Ehrenamtlichkeit, Sachver-

ständigkeit und persönlichen Art aller Beziehungen im kleinen

Kreise ein Rückschritt.

Die s e g e n s r e i c h e n W i r k u n g e n d e s B e a m t e n s t a n d e s , na-

mentlich im alten Preußen, sind eine Erscheinung, die hier nicht abgeleugnet

werden soll. Sie war aber nur dadurch möglich, daß sich die Beamtenkreise so-

wohl von dem mechanischen Zentralismus, als auch von der demokratischen,

zentralistischen Abhängigkeit in gewissem Maße emanzipiert haben. Sie erfüll-

ten ihre Aufgaben als: Ein F a c h k o l l e g i u m , das von höchster Rechtlich-