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durch den Zwang gemeinnütziger Verwendung zu Gemeineigentum
werde, wird stets ein Ideal bleiben, das an allen Punkten schwerlich
je erreicht werden kann. Noch weit mehr hinter dem Ideal muß aber
der s o z i a l i s t i s c h e V e r s u c h Zurückbleiben, der alle Er-
zeugungsmittel in „Gesellschaftseigentum“ überführen will. Denn
damit wird das Gesamtkapital atomisiert und das heißt: getötet. Die
Privateigentumsform dagegen, überbaut durch genossenschaftlich-
ständisches O b e r e i g e n t u m , gewährleistet Leben und Anpas-
sung. Die gemeinnützigen, genossenschaftlichen Einwirkungen der
oben genannten Art werden dieses Leben manchmal beschneiden,
aber nicht abtöten. Zu bedenken ist ferner, daß die Beeinflussungen
des Privateigentums wieder vielfältigerer Art, das heißt nicht nur
staatlicher und gemeindlicher, sondern vielmehr zünftig-genossen-
schaftlicher Art sind, also dem Eigenbereiche der Wirtschaft ent-
stammen.
Als Folgerung aus diesen Betrachtungen ergibt sich: Das P r i -
v a t e i g e n t u m e r l a n g t d u r c h g e m e i n n ü t z i g e B e -
e i n f l u s s u n g e n d a s i n n e r e G e p r ä g e d e s L e h e n s ,
wenn es auch der Form nach nicht als Lehen gegeben wird, sondern
Privateigentum bleibt. Dieser Satz ist scheinbar eine Tautologie zu
dem vorherigen, aber in Wahrheit soll er den Unterschied / unserer
Eigentumsauffassung von der Auffassung als Staatseigentum („Ge-
sellschaftseigentum“) klarmachen. Das Eigentum sei grundsätzlich
nicht Allgemein-Eigentum, sondern im grundsätzlichen Sinne des
Wortes: Lehen, das heißt es ist ein solches Eigentum, dessen gemein-
nützige Verwaltung durch das O b e r e i g e n t u m der Gesamt-
heit bewirkt werden soll, das aber nicht auch von der Ganzheit
selbst verwaltet wird.
Nach dieser Auffassung wohnen im ständischen Eigentums-
begriffe zwei Elemente: Einmal das Gemeinnützige, der Dienst am
Ganzen; und sodann das Subjektive, der Dienst an sich selbst, der
Eigennutzen, welcher der konkreten Stellung des Gutes und Besitzes,
seinem Verhältnis zu dem Nutzenden einen ganz anderen Unter-
grund verleiht. Das Gut soll auch mir dienen, es soll daher meiner
Hut und Hörigkeit anvertraut sein; so ist es mit mir doppelt ver-
wachsen. Der erste Punkt schließt die gemeinnützige Regelung des
Eigentumsgebrauches in sich, der zweite die besondere Bindung an
eine bestimmte Person, die private Form des Besitzes. Alle beiden