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Elemente aber nehmen an dem Ehrenpunkte teil, der darin liegt,
daß die Ganzheit mir ein Eigentum anvertraut, zu Lehen gegeben
hat. D a h e r E h r e e i n H a u p t b e g r i f f a l l e r S t ä n d e -
u n d L e h e n s z e i t i s t . Jede individualistische Ordnung dage-
gen steuert auf nackte Eigensucht hin und zuletzt auf Ehrlosigkeit.
Ziel ist, daß das Ich-Artige, Private nur Form, das Gemeinnützige
aber bestimmender Inhalt werde; dann erst ist die lebendige Ver-
einigung beider Seiten der Wirklichkeit in der Eigentumserschei-
nung gelungen.
2.
N e b e n d e r F o r m d e s P r i v a t e i g e n t u m s s i n d
a u c h F o r m e n d e s l e h e n s m ä ß i g e n E i g e n t u m s u n -
m i t t e l b a r , d a s h e i ß t i n r e c h t s t e c h n i s c h e m
S i n n e a u s z u b i l d e n .
Die lehensmäßige Beeinflussung des Privateigentums in dem mit-
telbaren Sinne, daß der willkürliche, subjektive Gebrauch desselben
durch Auflagen und Vorschriften aller Art eingeengt wird, liegt
längst im Sinne der neueren Entwicklung, seitdem der Gipfel indi-
vidualistischer Wirtschaftsauffassung überschritten und die Sozial-
politik im Vordringen ist.
Die Entwicklung geht aber weiter: seit kurzem liegt bereits eine
ganze Reihe von Ansätzen vor, auch in rechtstechnischem Sinne ein
m o d e r n e s L e h e n s r e c h t auszubilden. Das Erbbaurecht,
das Rentengut, das Heimstättenrecht sind deutlich lehensmäßige
Rechtsformen; auch die genossenschaftlichen Eigentumsformen, wie
z. B. gemeinsame Maschinenbenützung, Kredit und Versicherung
auf Gegenseitigkeit, die Beitragspflicht der Unternehmer zur Arbei-
terversicherung, besonders dann der die Unabdingbarkeit in sich
schließende Gesamt-Arbeitsvertrag — das alles sind Rechtserschei-
nungen, die dem liberalen, individualistischen Begriff des Privat-
eigentums widersprechen, die nicht nur ihrem Wesen nach, sondern
auch bereits im technischen Sinne als lehensrechtliche Formen anzu-
sprechen sind. Denn sie haben auch f o r m e l l die Eigenschaft: daß
ein übergeordnetes Rechtssubjekt belastende und bestimmende An-
sprüche macht, das heißt also ein Obereigentum besteht. Damit ist
aber endgültig der Charakter des Lehens gegeben mit dem / Zwecke
zwar individuell ausgeübter, aber gemeinnützig-geregelter Verwal-
tung des Eigentums. In diesem Sinne haben in der Tat bereits mo-
derne Juristen die Verpflichtungen erklärt, die der Gesamt-Arbeits-