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kommen und Höhersteigen des Arbeiters in dem reicher geglieder-

ten Betriebsorganismus ermöglichen. I n d e m s i e d e n A r b e i -

t e r t ä t i g u n d l e i d e n d m i t d e m G e s a m t w o h l e d e s

G e w e r b e s v e r k n ü p f e n , werden sie ihm wieder einen

Stand, ein ihm Zukommendes geben, ihn wieder einwurzeln und

tiefe geistige Wirkungen ausüben, werden sie ein gemeinsames Le-

ben, einen zünftigen Ehrbegriff, Selbstbewußtsein, Ursprünglichkeit

und Standesgefühl schrittweise wieder hervorbringen; so werden

auch Klassengegensätze und Materialismus der heutigen Tage über-

wunden werden können.

Überblickt man alle diese Gemeinschaften und ständischen Bin-

dungen, so zeigt sich, daß alles, was an genossenschaftlichen und ge-

meinnützigen Bildungen in unserer heutigen Gesellschaft schon dem

Keime nach, oder in irgendeiner ausgebildeten Form vorhanden ist,

in der ständischen Gesellschaft teils auf systematische, wohlgegrün-

dete Weise weiter entwickelt, teils aber, was noch viel mehr sagen

will, organisch zusammengefaßt und in größere Ganzheiten plan-

mäßig eingegliedert erscheint und so erst zu einem lebendigen Ge-

schöpf gemacht, zu einem fruchtbaren Leben erweckt wird.

3.

Die behördlichen Verrichtungen der ständischen Verbände

Wir erkannten, wie aus dem Wesen des ständischen Verbandes

notwendig folgt, daß er gewisse staatliche Verrichtungen (Hoheits-

rechte) in sich aufnimmt, daß er, gleichsam etwas von dem zentra-

listischen Staate in sich auffressend, einen Abbau des zentralistischen

Beamtenstaates bedeutet. Dies ist ganz allgemein mit der Regelung

der eigenen Standesangelegenheiten gegeben, mit der er der zentra-

listischen Bürokratie Stück für Stück aus der Hand nimmt

1

. Zuerst

übernimmt der ständische Verband notwendig gewisse

R i c h t e r l i c h e V e r r i c h t u n g e n : Fast die ganze ge-

werbliche Gerichtsbarkeit von heute wird sich zur inneren Rechts-

sprechung des Standes entwickeln. Das Einigungswesen, Schieds-

gerichtswesen, niedere Gerichtswesen der Gegenwart wird dem

zünftigen Stande zufallen, die heutigen richterlichen und verwal-

tungsmäßigen Arbeiten der Staatsbehörden werden dadurch verrin-

gert und jeweils in ein a r t e i g e n e s Gebiet verpflanzt. Wesent-

lich ist noch die damit verbundene Umbildung des Rechtes. Die

1

„Stand schluckt Staat“, vgl. unten S. 313 f.