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möglich sein, jeweils Vertreter der Arbeiter und der Unternehmer
zu hören. Das Eingreifen der Aufsichtsbehörden tut das seine, es
können wahrhaftige Ganzheiten entstehen.
2.
Weitere ständische Bindungen
Nun könnte man einwenden: Wenn alles erreicht und organisiert
ist, was durch Tarifgemeinschaften erreicht und organisiert werden
kann, wie es heute etwa annähernd im Buchdruckergewerbe der
Fall ist, so würde wohl in den Arbeitsverhältnissen und Arbeits-
kämpfen eine große Verbesserung eintreten; aber der Gegensatz von
Kapital und Arbeit, die tiefere Ursache der heutigen sozialen Not,
sei nicht beseitigt.
Da ist nun ins Auge zu fassen, daß in dem Augenblick, wo die
Tarifgemeinschaften sich ihre s t ä n d i s c h e Form erwirkt haben
und Gewerkschaft einerseits, Konzern und Kartell andererseits ihr
als Unterabteilungen angehören, w e i t e r e wesentliche Bindun-
gen und Gemeinsamkeiten, die sich übrigens schon heute teilweise
vorfinden, zur Ausbildung reif werden.
Auf der Seite der Arbeitgeber (nirgends ohne Mitwirkung der Ar-
beiter) kommen vornehmlich in Betracht:
Gemeinsame Kreditbeschaffung mit eigenem Sparwesen und Fach-
bankensystem. Dadurch würde der Weg zur Befreiung aus der heu-
tigen Kredit-, Bank- und Börsensklaverei geöffnet, es würde über-
dies dadurch das Geldwesen und die Geldschöpfung berührt
1
. Ge-
meinsamer Rohstoffbezug, so daß dann die ständische Verbindung
auch Rohstoffbezugs-Genossenschaft ist (woran sich natürlich wie
heute bei den Verbrauchsvereinen Großeinkaufsverbände und ähn-
liche Zusammenfassungen reihen werden).
Gemeinsame Festlegung der Erzeugungsrichtung und Erzeugungs-
arten, z. B. durch die Festlegung gewisser Grundmuster und Grund-
formen (Typisierung, Normalisierung, die nun ganz andere Aus-
1
Siehe auch unten S. 306 ff. Zusatz zur vierten Auflage: Uber ständische
Geldschöpfung und Fachbanken vgl. meine Abhandlung: Vom Wesen der Papier-
geldvermehrung, in: Kämpfende Wissenschaft, Jena 1934, S. 61 ff., jetzt: 2. Aufl.,
Graz 1970, S. 87 ff. (= Othmar Spann Gesamtausgabe, Bd 7). — Vgl. ferner
meine Haupttheorien der Volkswirtschaftslehre, 24. Aufl., S. 34, 197 und 192 f.,
jetzt: 28. Aufl., Graz 1969, S. 49, 236 f. und 230 ff. (= Othmar Spann Gesamt-
ausgabe, Bd 2).