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und der zünftigen Arbeiter, welche sich zu gemeinsamen Einkaufs-
gesellschaften und Kreis-, Landes- oder Ortsverbänden weit über die
einzelnen Zünfte hinaus zusammenschließen werden. Ebenso können
ständische Krediteinrichtungen und Zentralbanken entstehen, die
über einzelne Fachvereine weit hinausgehen.
Ferner sind es die ständischen Gesamtvereinigungen, welche die
Berufsverbände überbauen und ergänzen werden. Zuerst denken
wir hier an jene fachliche Zusammenfassung, die z. B. bei den Arbei-
ter-Unterverbänden der einzelnen Zünfte beginnen und heute in
einer Arbeiterkammer gipfeln, bei den Landwirten in einer Land-
wirtschaftskammer, bei den gewerblichen Unternehmern in einer
Gewerbekammer, bei den kaufmännischen in einer Kaufmannskam-
mer, bei den technischen Angestellten in einer Ingenieurkammer
usw. Es sind dies lauter Einrichtungen, die heute überall mindestens/
in großen Ansätzen schon bestehen (Anwaltskammern, Ärztekam-
mern, Rat der geistigen Arbeiter usw.), was wieder beweist, wie sehr
und wie notwendig die unbeeinflußte individualistische Volkswirt-
schaft von s e l b s t ständische Gliederungen in sich entwickelt, wie
sehr daher die wahre Wirklichkeit des Wirtschaftsganges ständischer
Art ist. Zu bedenken ist, daß solche fachliche Sonderkammern nicht
nur aus einer Hauptstelle bestehen werden mit dem Sitze in der
Hauptstadt wie heute, sondern, da sie ja zünftig unterbaut sind, wie-
der viele Zweigstellen in den kleinen Mittelpunkten haben werden,
so daß die verschiedenen Unterverbände verschiedener Zünftegrup-
pen auch örtlich ihre Gesamtvertretungen haben.
Außer diesen Sonderkammern, die ja immer noch in sich selbst
fachliche Hauptgruppen darstellen (Arbeiter, gewerbliche Unterneh-
mer, kaufmännische Unternehmer, Ingenieure), kommen aber noch
in Betracht wirkliche Gesamtzusammenfassungen der ständischen
Verbände. Solche sind seit dem Umsturz in Österreich und Deutsch-
land unter dem Namen von „Arbeiterräten“ und anderen „Räten“
aller Art entstanden (äußerlich nach russischem Muster, innerlich wi-
der den Willen der marxistischen Führer von einem ständischen
Grundzuge beseelt); wieder ein Beweis, wie die sozialistische Atomi-
sierung, statt die erstrebten zentralen, planwirtschaftlichen Organi-
sationen zu schaffen, stets s t ä n d i s c h e G l i e d e r u n g e n er-
zeugen muß! Die sozialistische Kraft ist hier jene, die stets das Un-
rechte meint: die Zentralisierung, und dabei das Rechte schafft: die