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leitet sein wird; genauer gesagt: überhaupt n i c h t v o n u n t e n
h i n a u f , v i e l m e h r v o n o b e n h i n a b g e b a u t s e i n
w i r d . Der Staat leitet sich von selber ab. (Erfordernisse des Sach-
gehaltes, der Sachsouveränität gegen „Volkssouveränität“!) Diese
Frage haben wir oben zur Genüge erörtert. Nicht die Mehrheit von
unten her soll über die Wahrheit abstimmen; sondern das Beste von
oben her soll herrschen!
1
Damit nimmt aber, das ist die entscheidende Folge, die f r ü -
h e r e „ Z e n t r a l - S t a a t s g e w a l t “ n u n s e l b s t e i n e
s t ä n d i s c h e N a t u r a n ! Nicht eine zentralistische, abstrakte,
allgemeine Staatsgewalt ist es nun, die alle Gebiete des Lebens be-
herrscht, die sich Wirtschaft, Recht, Erziehung und jedes und alles
verwandeln will; sondern selber wieder ein eigener Stand, nämlich
ein Staatsoberhaupt, das mit seinen Stützen, den gesamten Stände-
führern / (nicht nur den wirtschaftlichen), diejenigen Angelegenhei-
ten, die des Staates sind, und nur diese allein regelt
2
. Was „Kaiser
und Reich“ im Mittelalter war und der Inbegriff rein politischer
Belange ist, ist nicht dasselbe wie die Angelegenheiten der Schuster-
zunft von damals oder des Eisenkartells von heute, die rein wirt-
schaftlich sind und im Wirtschaftsbereiche verbleiben sollen.
Die Frage, wie die ständische Staatsgewalt zu bilden sei, löst sich
rein geschichtlich. Man n e h m e i m s c h l i m m s t e n F a l l e
d i e j e w e i l i g e R e g i e r u n g w i e s i e i s t , u n d w ä r e
e s s e l b s t d i e m i t d e m G e r b e r K l e o n a n d e r
S p i t z e ; man betrachte sie als politischen Zentralstand, sie wird
in ihre Aufgabe hineinwachsen, wie sich andererseits die Stände die
Anerkennung erzwingen werden. Ihre Aufgabe ist, die Teilganz-
heiten, als die sich die Stände darstellen, jederzeit in das rechte
Gesamt-Ganze, den Staat, einzuordnen.
Das Staatsoberhaupt, seine Ratgeber, sein Beamtenstab werden
im Verein mit allen Ständeführern diese Aufgabe zu lösen haben.
c.
Die dritte Grundtatsache ist, daß es im Ständestaat auch
k e i n e p o l i t i s c h e n P a r t e i e n i m h e u t i g e n S i n n e
geben kann, da es dann, indem die Interessenkämpfe größtenteils
in den engeren Ständekampf abgeschoben sind, um die Idee, die
1
Vgl. dazu oben S. 117 f. und 225 ff.
2
— der Staatsführer mit dem Staatsrate; vgl. unten S. 328 ff. und 337 ff.
(Zusatz zur dritten Auflage).