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der Volkswirtschaftslehre in der Gesellschaftslehre, nicht in ihr
selbst. Und die erste Frage lautet: Was ist die W i r t s c h a f t
i m G e s a m t g a n z e n d e r G e s e l l s c h a f t ?
/
Die Wirtschaft ist nur eine Teilordnung, ein Teilinhalt oder,
wie wir es auch nennen wollen, ein Teilganzes der Gesellschaft. Alle
gesellschaftlichen Teilinhalte sind, mit einer einzigen Ausnahme, in
sich selbst Zweck. Religion, Kunst, Wissenschaft, Sittlichkeit zu er-
leben und zu verwirklichen, ist in sich selbst Zweck, ebenso sind die
vitalen Lebensempfindungen, z. B. des Essens, Schlafens, sich selbst
Zweck, denn Leben lebt nur sich selbst und nichts anderes. Einzig
und allein die Wirtschaft erweist sich als ein solcher Teilinhalt, der
nicht um seiner selbst willen da ist, vielmehr dafür, um die anderen
Teilganzen zu verwirklichen. Aus dieser Erwägung heraus, die wir
an einem anderen Orte gründlich und nach allen Seiten hin ent-
wickelten
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, ergibt sich die Begriffsbestimmung: W i r t s c h a f t i s t
e i n G l i e d e r b a u v o n M i t t e l n f ü r Z i e l e . Dies ist die ob-
jektive Begriffsbestimmung der Wirtschaft. Subjektiv genommen ist
Wirtschaft das rangbestimmende Abwägen und Widmen der Mittel
für Ziele, das die einzelnen Menschen vornehmen — aber sie tun
das nicht als Einzelne, sondern als Teilnehmende, als G l i e d e r
der Wirtschaft und Gesellschaft.
Mit dem Begriffe „Gliederbau“ von Mitteln oder „Ganzheit“
von Mitteln für Ziele ist der zweite systembestimmende Gedanke
der universalistischen Volkswirtschaftslehre gewonnen. In der Ent-
wicklung des methodologischen Gehaltes der Bestimmung „Mittel
für Ziele“ ist das Schicksal der Volkswirtschaftslehre beschlossen.
Die „Ziele“ stehen vor der Wirtschaft, sind nicht mehr selbst Wirt-
schaft. Der Begriff des Mittels ist daher entscheidend. Er hat zwei
Seiten, gleichsam ein Janusgesicht. In ihm liegt einerseits: das
S t o f f l i c h e , d a s U r s ä c h l i c h - N a t u r h a f t e beschlossen,
das, was uns als das technisch-mechanisch Bewirkende am Mittel
entgegentritt; z. B. wirkt die Dampfmaschine durch den physika-
lischen Druck des Dampfes, das Geigenspiel durch die Schwingun-
gen der Saiten. Andererseits ist im Begriffe des „Mittels“ auch die/
Zweckbezogenheit (Mittel „ f ü r Z i e l e “ — nicht nur „durch
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Fundament der Volkswirtschaftslehre, 4. Aufl., Jena 1929, S. 20 ff. und
25 ff.