Table of Contents Table of Contents
Previous Page  2594 / 9133 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 2594 / 9133 Next Page
Page Background

24

[15/16]

Wesensanalyse der wirklichen Wirtschaftsvorgänge. Und das ana-

lytisch-individualistische Denken der Wirtschaft k a n n immer nur

zu dem Schlusse kommen, daß grundsätzliche Freiheit der Wirt-

schafter herrschen müsse. Denn das Tun der Einzelnen ist ja ihrer

Voraussetzung nach die einzige wirtschaftliche Wirklichkeit. Reine

Wirtschaft (man könnte auch sagen: das Höchstmaß an Wirtschaft,

an wirtschaftlicher Wirklichkeit) bildet sich daher nach dieser Vor-

aussetzung nur, wenn das Tun der Einzelnen nicht gehemmt wird.

Daraus folgen von selbst die Forderungen nach Freihandel, Ge-

werbefreiheit, sowie jeder anderen Form von Wirtschaftsfreiheit.

* * /

Schwieriger als die Darstellung des Begriffsgebäudes der indivi-

dualistischen ist diejenige

der universalistischen Volkswirtschaftslehre.

Die universalistische oder ganzheitliche Auffassung der Volks-

wirtschaft ist die ältere, sie fand aber weder bei Platon und Aristo-

teles noch in der Scholastik, noch auch im Merkantilismus (der sie

allerdings nicht mehr rein festhielt) je eine solche Ausbildung, daß

sie als g e s c h l o s s e n e s Begriffsgebäude der individualistischen

hätte gegenübertreten können. Das war denn auch im Mittelalter,

als der Individualismus keine Macht und die Wirtschaft im großen

ganzen wohlgeordnet war, nicht nötig. Zum ersten Male trat daher

erst die deutsche R o m a n t i k dem individualistischen System-

gedanken bewußt entgegen und ist bestrebt, einen eigenen univer-

salistischen zu entwickeln. Sie tat dies gestützt auf die Philosophie

des deutschen Idealismus, welche der Aufklärung eine andere, höhere

Gedankenwelt entgegenstellte. Die Romantik bildete die neue

idealistische Philosophie zu einer großen Kulturbewegung um, die

nichts Phantastisches und Wirklichkeitsfremdes war (wie naive

Nichtkenner von ihr heute sagen), sondern eine wahre Kultur-

erneuerung, die denn auch damals in der ganzen gebildeten Welt

gewaltige Nachfolge fand. Die Romantik äußerte sich nicht nur in

einer neuen Kunstrichtung, sondern auch in einer neuen Einstel-

lung aller Geisteswissenschaften, in denen überall romantisch-ge-

schichtliche Schulen entstanden.