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In der Volkswirtschaftslehre war es der Romantiker Adam

Heinrich Müller, der in seinen „Elementen der Staatskunst“ (1809

1

)

das erste entscheidende Wort sprach. Adam Müllers Denken war

voller Eingebung, aber die begriffliche Ausarbeitung war seine Stärke

nicht. Er setzte dem individualistischen Denken Adam Smithens ein

echt universalistisch-organisches entgegen, das an sich wohl fähig

gewesen wäre, Smithen endgültig zu verdrängen. Aber mit dem

Siege des individualisti- / schen Gedankens im Staatsleben (Revolu-

tionen 1830, 1848) und in der Kunst (das „Junge Deutschland“)

war auch der Sieg der individualistischen Wirtschaftsauffassung ent-

schieden. Nicht nur Adam Müller fiel der Vergessenheit anheim,

auch seine Nachfolger Heinrich von Thünen, Friedrich List, ja so-

gar die von der Romantik noch stark abhängige ältere geschichtliche

Schule (Roscher, Hildebrand, Knies) mußten der jüngeren geschicht-

lichen Schule (Schmoller) weichen. Mit Schmoller und seiner Schule

versank der romantische, ursprünglich philosophisch begründete

Historismus leider gar sehr in Positivismus, in äußerliche „Induk-

tion“ und völlige Theorielosigkeit.

Da es bei diesem Gange der Dinge zu einer einheitlichen ge-

schichtlichen Gestalt der universalistischen Lehre nicht kam, wenig-

stens in dem Sinne, daß ein ebenso geschlossenes Begriffsgebäude wie

beim Individualismus nicht ausgebildet und vererbt wurde; führe

ich den universalistischen Systemgedanken hier in jener Form vor,

in der ich selbst ihn zu entwickeln versuchte

2

.

Soll das universalistische Denken einen Anfang machen, so ist

zuerst soviel klar, daß es nicht wie das individualistische vom ein-

zelnen Menschen ausgehen darf. Es muß eine Gesamtheit, ein Gan-

zes zum Ausgangspunkte wählen. Dieses Ganze ist die Wirtschaft.

Der erste systembestimmende Begriff ist damit gewonnen: nicht der

Einzelne, sondern das Ganze der Wirtschaft ist der Ausgangspunkt

der Volkswirtschaftslehre. Aber die Wirtschaft ist selbst nur ein

Teil eines höheren Ganzen: der menschlichen Gemeinschaft über-

haupt, des Gesamtganzen der Gesellschaft. Daher liegt der Anfang

1

Adam Müller: Die Elemente der Staatskunst, herausgegeben von Ja-

kob Baxa (= Die Herdflamme, Bd 1), Jena 1922.

2

Vgl. meine Bücher: Fundament der Volkswirtschaftslehre, 1918, 4. Aufl.

Jena 1929; Gesellschaftslehre, 1914, 3. Aufl. Leipzig 1930.