100
[
IOO
/
IOI
]
hergenommen ist? Dieser Einwand liegt nahe, trifft aber insoferne doch
nicht zu, als die Zeit- und Ortsreife rein grundsätzlich die Z e i t r ä u m -
l i c h k e i t d e r W i r t s c h a f t s m i t t e l betrifft, nicht aber deren be-
sondere Technik, z. B. ob Flugzeug oder Pferdekutsche, Gefrier- oder Pökel-
verfahren.
Nimmt man die rein genetische Zeitabfolge der Leistungen ganz ab-
strakt, so findet man, daß in d i e s e m t e c h n i s c h e n A b f o l g e -
v e r h ä l t n i s s e d i e R o h s t o f f e v o r a n s t e h e n — der richtige
Kern des Physiokratismus. Es handelt sich hier um ein genetisches Vorher,
das aber nicht mit dem logischen Vorrange verwechselt werden darf. „Vor-
rang" folgt aus dem logischen, nicht dem technischen Verhältnisse der Lei-
stungen untereinander, „Vorrang" bezeichnet die s c h ö p f e r i s c h e Art,
bezeichnet die ganzheitsnahe, mittenahe Stellung einer Leistung im Glie-
derbau; das Voranstehen in der technischen Abfolge wird dagegen durch
den Begriff „Rohstoff", nämlich als einen nicht schöpferischen, sondern bloß
e r l e i d e n d e n Inbegriff von Möglichkeiten vollständig gekennzeichnet./
Nun folgen zwei Vorrangsätze anderer Art, die nicht zwischen
den Teilinhalten gelten, sondern durch alle Teilinhalte hindurch-
gehen.
XI.
Innerhalb aller Teilinhalte ist die jeweilige Kapitalreife vor der
Reife der Erzeugnisse
Wenden wir unseren Blick nun auf sämtliche Teilinhalte oder
Reifearten, so finden wir, daß in jedem Teilinhalte ein einheit-
licher Fortgang vom Keimgute (der im Keimzustande befindlichen
Leistung, dem Rohstoffe) bis zum Genußgute (dem Endzustande
der Leistung) stattfindet. Dieser Fortgang besteht aber nicht aus
wirklich artgleichen leistenden Wirtschaftshandlungen, die aufein-
ander folgen. Denn in jedem Teilganzen — z. B. in der Werkreife
vom Erzbergbau über die Verhüttung bis zur Verarbeitung zu
einem Genußgute, etwa Schuhnägel, finden wir keineswegs eine
Kette von unmittelbar zum Genuß führenden Handlungen (wie
etwa bei der Kette: Pflücken reifen Obstes ohne Werkzeuge und
Essen desselben); sondern überall werden auch Werkzeuge ange-
wendet, also auch mittelbare Leistungen (Kapitalleistungen) ein-
geschaltet. Es gehen also neben jenen Wirtschaftstätigkeiten, die in
ihrer geraden Abfolge zuletzt zum Genußgute führen würden (die
also nur Vorstufen der Genußleistung, unmittelbare Leistungen
wären), andere Handlungen einher, die zur Werkzeugherstellung
(zum Realkapital) zurückführen. Genauso steht es in der Gemein-
samkeitsreife, Vorreife, Marktreife, wo nirgends Leistungsabfolgen,
die für sich selber vom Keim zur Frucht (zur Endleistung) führen,