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einem gemeinsamen Kapital höherer Ordnung (dem Währungswesen)
kommt plötzlich zur Erscheinung.
Vom Standpunkte unserer Tafel der Stufen aus erweist sich die Zah-
lungs- und Handelsbilanz als jene Erscheinung, welche die Eigenschaft der
Volkswirtschaft, mit anderen Volkswirtschaften in organischer Verbindung,
das heißt Glied der Weltwirtschaft zu sein, zum Ausdruck bringt. Kurz
gesagt, zeigt die Zahlungs- und Handelsbilanz die jeweilige gliedliche Stel-
lung der Volkswirtschaft in der Weltwirtschaft an. Es wäre falsch zu glau-
ben, daß sie nur das Verhältnis des eigenen Geldes zum Gelde anderer
Volkswirtschaften abspiegle. Vielmehr kommt außer der Gliedhaftigkeit des
eigenen Geldes in der Weltwirtschaft darinnen auch die Gliedhaftigkeit
aller Zweige der Werkreife und Genußreife, sowie des darin verwendeten
Kapitals zum Ausdruck, z. B.: die Abhängigkeit der/eigenen Gewerbe von
fremden Rohstoffen, der eigenen Landwirtschaft und eigenen Ernährung
vom fremden Boden, der eigenen Betriebe von fremdem Kapital, der eige-
nen Märkte, Börsen und Banken von den fremden Märkten, Börsen und Ban-
ken, der eigenen Arbeit von den fremden Arbeitskräften (unter anderem in
der Bedeutung der Geldsendungen fremder Einwanderer ins Ausland).
Darum sind auch nicht die Zahlen und die Saldi der Zahlungsbilanz an sich
entscheidend, sondern die gliedhafte B e d e u t u n g , die sie ausdrücken,
die Fruchtbarkeitsbilanz (Produktivitätsbilanz) ist allein entscheidend
1
.
Gerade im Spiegel der Zahlungs- und Handelsbilanz zeigt sich, wie die
abgeleiteten Ganzheiten systematisch und theoretisch durch ihre Anknüp-
fung an den Stufenbau näher bestimmt und erklärt werden können. Auch
die Erklärung der K r i s e n kann hierdurch nur gewinnen, da diese nun
deutlicher als nach jeder bisherigen volkswirtschaftlichen Theorie durch die
Mißverhältnisse in den Gliederungen der konkreten Unterganzheiten des
Stufenbaues und ihrer Ableitungen gekennzeichnet erscheinen
2
.
II.
Welche sind die Vorrangverhältnisse im Stufenbaue der
Wirtschaft?
Es ist der Grundfehler aller Individualisten und Freihändler,
die Wirtschaft ohne jeden Stufenbau und darum auch ohne das
jeder Stufe arteigene Kapital höherer Ordnung vorzustellen. Darum
können sie auch die Frage nach einem Vorrange der Stufen — ins-
besondere die Frage nach einem organischen Verhältnisse der Volks-
und Weltwirtschaft — gar nicht stellen. Darum fordern sie in ganz
1
Vgl. meine Haupttheorien der Volkswirtschaftslehre, 23. Aufl., Leipzig
1933, S. 17 ff. [25. Aufl., Heidelberg 1949, S. 17 ff.]. — Fritz Ottel: Ständische
Theorie des Geldes (= Deutsche Beiträge zur Wirtschafts- und Gesellschafts-
lehre, Bd 11), Jena 1934, S. 123 ff. (Außenwert des Geldes).
2
Vgl. Walter Heinrich: Grundlagen einer universalistischen Krisenlehre
(= Deutsche Beiträge zur Wirtschafts- und Gesellschaftslehre, Bd 5), Jena
1928, S. 304 ff. (Stufenkrisen).