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zuletzt endlich folgt aus der Nichteindeutigkeit aller Größen (be-
sonders des Angebotes und der Nachfrage) und aus noch manchen
andern Überlegungen: daß alle Preise nur in E n t s p r e c h u n g
mit anderen Preisen, daß sie nur als verbundene, gestaffelte und
außerdem nur als e i n m a l i g e , unwiederholbare verwirklicht
werden können. Auf diese Weise wird die volle Rechenbarkeit der
Preise verneint, aber die Wirklichkeit zu Ehren gebracht!
B . E i n i g e B e i s p i e l e s a c h l i c h e r F e h l e r d e r ü b e r -
k o m m e n e n F r e i s t h e o r i e n
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Alle individualistischen Preislehren behandeln die Angebote, z. B. von
Getreide, Vieh, Milch, als jeweils bestimmt gegebene und als für sich ver-
änderliche Größen. Aber die E r f a h r u n g e n w ä h r e n d d e r H ö c h s t -
p r e i s f e s t s e t z u n g e n i m K r i e g e haben anderes gelehrt. Als im
Kriege die Höchstpreise festgesetzt und in Deutschland die Viehpreise län-
gere Zeit im Verhältnis zum Getreide zu hoch gehalten wurden, hatte das
zur Folge: daß Brotgetreide nicht auf dem Markte als Angebot erschien,
sondern verfüttert wurde und damit in der Erzeugung von Fleisch, Fett,
Milch Verwendung fand. Das bestätigt unseren Lehrbegriff und widerspricht
dem anderen: Kein Angebot kann für sich und bloß als Größe beurteilt wer-
den. Daß ein „Angebot" auf einem bestimmten Markte erscheint, ist bereits
eine Folge des Zusammen- / hanges der Preise auf Grund des Zusammen-
hanges der Leistungen, das heißt der Gegenseitigkeit des Gliederbaues der
Wirtschaft überhaupt.
Gerade die Erfolge und Mißerfolge der Höchstpreisfestsetzung im Hin-
blicke auf die Verhältnismäßigkeiten der Preise (Preisrelationen) zeigten
deutlich, daß ein Preis für sich nicht besteht, daher nicht einmal behördlich
geordnet werden kann.
Werden Markt, Angebot, Nachfrage, Kosten und Wertschätzung nur in
ihrer gliedhaften Bedeutung gefaßt, dann ergibt sich auch von selbst und
versteht man erst ganz: daß A n g e b o t s - u n d N a c h f r a g e v e r ä n -
d e r u n g e n s i c h s e h r v e r s c h i e d e n v e r h a l t e n , z. B. darnach,
ob „elastische" Bedürfnisse und Erzeugungszweige vorhanden sind, die das
Mehr oder Minder leicht aufnehmen; darnach, ob die Vertretbarkeit der
betreffenden Leistungen eine große oder kleine ist; darnach, ob die einge-
tretenen Veränderungen den r i c h t i g e n Ausgliederungen der Wirtschaft
entsprechen oder sich von ihr entfernen — je nachdem wird nämlich die
Spekulation positiv oder negativ einsetzen! Die Angebots- und Nachfrage-
änderungen haben eben einen verschiedenen Sinn im Gliederbaue der Wirt-
schaft und ihrer Umgliederung.
Das bestätigt auch die Preisstatistik. „Das Gesetz von Angebot und Nach-
frage“, sagt ein neuerer Preisstatistiker, ist „ebensowenig der Ausdruck
irgendeines einseitigen kausalen Zusammenhanges, wie irgendein anderes
der nationalökonomischen Gesetze... So ist es zu erklären, daß dann die
Vgl. zur Ergänzung auch unten S. 260 f. und 263 ff.