Table of Contents Table of Contents
Previous Page  2849 / 9133 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 2849 / 9133 Next Page
Page Background

[309/310]

279

über nichts grundsätzlich Neues enthält, ist ebenso falsch. Denn —

um nur den einen Punkt hervorzuheben — ist der Profit keine

Restgröße, so beruht auch das Unternehmereinkommen nicht

grundsätzlich auf Ausbeutung, wie Marx behauptete; so gibt es

auch den Mehrwert nicht im Marxischen Sinne; so sind auch Zins

und alle anderen Renten keine Ableitungen, die aus jener einzigen

Restgröße der Wirtschaft (dem Profit = Mehrwert) bezahlt wür-

den.

Ebenso steht es mit der G r e n z n u t z e n s c h u l e . Soweit sie

überhaupt eine eigene Verteilungslehre entwickelt, stehen die Frage-

stellungen und sogar die Lösungen Ricardo nahe. Die schon in der

älteren deutschen Nutzwertschule von Hermann, Schäffle und an-

deren entwickelte, von Menger erneuerte Lehre: daß überall Renten

entstehen (nicht nur beim Boden), ist zwar ein Fortschritt; aber sie

wird dadurch wieder ihrer grundsätzlichen Folgerungen beraubt,

daß sie doch den Grundfehler Ricardos / und Marxens beibehält,

die Renten als Differenzen zu fassen, womit sie wieder Restgrößen,

das heißt aber wieder: ein Abzug von dem Wirtschaftsertrage an-

derer wären! — Der Lohn sodann, aus der „Grenzproduktivität“

des „Grenzbetriebes“ entwickelt, ist schließlich infolge der gedrück-

ten Stellung des „Grenzbetriebes“ (nach Wieser) in der praktischen

Folge nichts anderes als ein Erhaltungslohn — also wieder ein Ein-

lenken in die alte Ricardo-Marxische Lösung. Ja, er kann sogar

dauernd niedriger sein, wenn, so muß man folgern, der Grenz-

betrieb ein Zubußbetrieb ist, und wenn auch der Arbeiter ein Zu-

bußarbeiter ist — ist damit nicht gerade die Marxische Lehre von

der „industriellen Reservearmee“ werttheoretisch wieder zu Ehren

gebracht? Das war gewiß gegen den Willen Mengers und Wiesers,

aber darum nicht weniger wirksam. — Zur Erklärung des Unter-

nehmergewinnes kann die Grenznutzenlehre nichts Entscheidendes

beibringen, es wäre denn, daß man ihn vom „Grenzunternehmer“

aufsteigend als Differentialrente auffaßt — abermals dann wie bei

Ricardo, nämlich als Restgröße, ja wie bei Marx als Aneignung des

Einkommens anderer! — Den Kapitalzins kann sie ebensowenig

erklären wie vor ihr Marx und Ricardo; was Böhm-Bawerk selbst

am deutlichsten zeigt, wenn er zu einer rein psychologischen Er-

klärung (nämlich aus der „Unterschätzung der Zukunftsgüter“, der

Agiolehre) Zuflucht nimmt. Warum ist das nötig? Weil die Grenz-