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ander (Ziegelangebote sind wesenlos ohne Kalk- und Bauholz-
angebote); (b) sie werden durch die Marktveranstaltung (= die
Aufforderung „Markt zu halten“), durch die Marktordnung, die
Marktsitten, ferner durch die dahinter stehenden Gesetze über Han-
dels- und Wechselrecht, Kredit, Vertrag usw. in ganz bestimmter
Weise zusammengeführt, ähnlich wie der Handelsvertrag die Erzeu-
ger und Verwender verschiedener Volkswirtschaften zusammen-
führt, das heißt gleichsam zusammenreizt, tätig zusammenordnet.
Der „ M a r k t “ i s t n i c h t n u r p a s s i v e P l a t t f o r m ,
e r i s t z u g l e i c h e i n t ä t i g e r O r g a n i s a t o r , e r i s t
s e l b s t e t w a s S c h ö p f e r i s c h e s , er ist „Kapital höherer
Ordnung“
1
.
Bedenkt man also diese Tatsachen und Arten der schöpferischen
Gegenseitigkeit, so erkennt man auch, daß die gesamten individuali-
stischen Preislehren — sei es jene Ricardos, Marxens, des Grenz-
nutzens, der mathematischen Schulen — grundsätzlich schon darin
fehlgehen, daß sie jeweils g e g e b e n e G r ö ß e n auf dem Markte
annehmen (gegebene Arbeitsstunden, gegebene Wertschätzungen,
gegebene Warenmengen an sich), während in der gesamten Wirt-
schaft nichts Einzelnes für sich gegeben ist und außerdem die Grö-
ßen und Mengen in der Wirtschaft nichts Primäres sind
2
.
Bedenkt man zuerst die Gliedhaftigkeit jeder Wirtschaftshandlung
überhaupt (trotz ihrer Individualität und ihres freien Eigenlebens),
bedenkt man dann die Gliedhaftigkeit jedes Betriebes und die Glied-
haftigkeit jedes Marktes selbst wieder (der Glied im System der
großen und kleinen Märkte, aber auch der volkswirtschaftlichen
und weltwirtschaftlichen Märkte ist), dann erst versteht man, daß
die ganze individualistische Lehre vom Wettbewerbspreise auf fal-
scher Grundlage ruht. Der „ideale Wettbewerbspreis" soll ein ein-
ziger Preis für alle Waren sein. Bei freiem Wettbewerbe soll es nur
einen Preis für „dieselbe“ Ware auf dem Markte geben. Das ist ein
Grundirrtum! Alle Preise sind in gewissem Sinne irrational; bei
1
Vgl. mein Buch: Fundament der Volkswirtschaftslehre, 3. Aufl., Jena 1923,
S. 181 f. und öfter (jetzt: 5. Aufl., Graz 1967, S. 216 = Gesamtausgabe Othmar
Spann, Bd 3).
2
Vgl. den Nachweis dafür in meinem Aufsatze: Gleichwichtigkeit gegen
Grenznutzen, in: Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, Bd 123, Jena
1925, S. 289 ff.