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B . Die G r e n z n u t z e n s c h u l e
Da wir soeben das Grundsätzliche ausführlich genug erklärten,
können wir uns bei den neuliberalen Schulen mit wenigen Bemer-
kungen begnügen. Die wichtigste und eigentlichste Nachfolgerschaft
der altklassischen Schule haben wir in der Grenznutzenschule zu
erblicken. Sie behielt die Fragestellungen und die grundsätzlichen
Lösungen der altklassischen Schule bei — individueller Eigennutz,
Wert- und Preisbildung als die Grunderscheinungen der Wirtschaft
— versuchte aber inhaltlich die Wert- und Preislehre zu verbessern.
Wesentlich in der nachklassischen Entwicklung ist, daß die Ar-
beitswerttheorie sich bald als unzureichend erwies. Die genauere
Zergliederung der Preisbildungsvorgänge auf dem Markte und die
wirtschaftsgeschichtlichen Tatsachen stimmten, je tiefer man drang,
immer weniger mit der Arbeitswertlehre überein. Daher entstand
die Aufgabe, sich nach einer anderen Erklärung der Preise um-
zusehen. Diese Aufgabe lösten in eng verwandter Weise bekanntlich
ziemlich gleichzeitig William Stanley Jevons, Leon Walras und Carl
Menger, und zwar versuchten sie alle, dem Zuge der Zeit folgend,
eine psychologische Lösung. Sie glaubten, diese Lösung darin zu
finden: daß die einzelnen Wirtschafter die Güter nach dem klein-
sten Nutzen schätzen, den ihnen ein Gut aus einem Vorrate stiftet.
Dieser kleinste Nutzen oder „Grenznutzen“ sollte (besonders nach
Menger) für die Wertschätzung maßgebend sein. Nun sollte der
Marktvorgang so aufgefaßt werden, daß Wirtschafter auf dem
Markte Zusammentreffen, welche infolge verschiedener Bedürfnisse
den Gütern, die sie erstehen, einen verschiedenen Grenznutzen bei-
legen. Darnach bestimmen sich die Käufer wie die Verkäufer nach
den verschiedenen Wertschätzungen. Die letzten noch zum Zuge
kommenden Käufer und Verkäufer (die später sogenannten „Grenz-
paare“, nämlich die Paare der Grenzverkäufer und Grenzkäufer)
sollen demgemäß den Preis bilden. — Gleichviel wie von Menger
selbst, von seinen Schülern, von den anglikanischen und romani-
schen Theoretikern der Gedanke des Grenzwertes im besonderen
durchgeführt, gewendet und gedreht wurde, und wie er von da aus
den Marktmechanismus und damit endlich die Preisbildung auf dem
Markte zu begreifen suchte — entscheidend ist einzig und allein:
daß auch von der Grenznutzenschule die Wirtschaft nach dem