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Schema der Wert- und Preisbildung erklärt und danach das Be-

griffsgebäude der gesamten Wirtschaftstheorie aufgebaut wird.

Damit ist die Wirtschaft nach ihrem Gefüge und ihrer Art haar-

genau so aufgefaßt, wie von Ricardo und seinen Schülern, nämlich

im individualistischen Sinne: als Zusammentreffen der Eigennutze

aller einzelnen Wirtschafter, wobei „Qualität in Quantität“ auf-

gelöst wird (bei Ricardo Nutzqualität in Arbeitsmenge, bei Menger

Nutzqualität in Nutzmenge) und in der Folge: die Wirtschaft als

ein Inbegriff von Tatsachen erscheint, die durch mathematisch-me-

chanische Gesetze bestimmt sind.

Damit erscheint auch die Grenznutzenschule als eine neuricardi-

sche Schule im engeren Sinne, welche übrigens insofern noch indivi-

dualistischer ist als Ricardo selbst, als sie nicht im Arbeitsstunden-

gehalt der Güter einen „objektiven Wert“ (gleichsam eine Wertsub-

stanz) annimmt, sondern einen „subjektiven Wert“, nämlich des

persönlichen Nutzens, den sie durch ein Gesetz angeblich abnehmen-

der Bedürfnissättigungen (das Gossensche Gesetz) bestimmt glaubt.

Eugen von Böhm-Bawerk sagt: „Der Preis ist von Anfang bis zu

Ende das Ergebnis subjektiver Wertschätzungen“. Ihre eigentliche

Tat ist dabei die Größenbestimmung, die „Quantifizierung“ des

Nutzens. Während von Smith und Ricardo bis zu Marx der

Nutzen als tauschwertbestimmend deswegen abgelehnt wurde, weil

es sich dabei um „inkommensurable Qualitäten“ (nicht um Größen)

handle, glaubte die neue Schule durch den Begriff des jeweils klein-

sten oder „Grenznutzens“ ein G r ö ß e n m a ß des Nutzens und

damit das heißgesuchte Wertmaß gefunden zu haben (was natürlich

völlig mißglücken mußte

1

).

Auch hier also: Größenhafte, rechnerisch feststellbare Bestimmt-

heit der Wirtschaft; Mittelpunkt der Wirtschaft in Wert und Preis;

mathematisch-mechanische Gesetze, welche diese quantitative Be-

stimmtheit aufdecken und zu erkennen geben — dasselbe mecha-

nisch-mathematische Bild, dieselbe naturgesetzliche Notwendigkeit,

derselbe Druck der Wirtschaft wie bei den alten Klassikern. Noch

dazu auf einer besseren, einer verfeinerten theoretischen Grundlage.

1

Eine eingehende Kritik der gesamten Grenznutzenlehre siehe in meinem

Buche: Tote und lebendige Wissenschaft, 3. Aufl., Jena 1929, S. 150 ff. (jetzt:

5. Aufl., Graz 1967, S. 154 ff. = Gesamtausgabe Othmar Spann, Bd 6).