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C .

Die m a t h e m a t i s c h e S c h u l e

Schon lange vor der Grenznutzenschule, nämlich zuerst durch

Cournot, wurde ein anderer Weg beschritten, um dem zeitgemäßen

Drange aller Wissenschaften, die nach Art der Physik verfahren,

zu genügen, nämlich zu Mathematik im strengeren Sinne, zu einem

System mathematischer Formeln zu werden. Dieser Weg schien

durch den einfachen Grundgedanken gegeben, daß es sich in der

Wirtschaft um Gütermengen handle, daß mengenhafte Verhältnisse

von Gütern („quantitative Relationen“, die im mathematischen

Sinne „Funktionen“ sein sollen) die Haupterscheinung der Wirt-

schaft, den Preis, und in der Folge das Bild der gesamten Wirtschaft

bestimmen. Der Gedanke, diese mengenhaften Verhältnisse für sich

selbst darzustellen, ohne eine eigene Werttheorie (Arbeitstheorie,

Nutzenlehre) zu begründen, lag nahe. Es bildete sich vor und neben

der Grenznutzenschule eine mathematische Richtung heraus, welche

mehr oder weniger bewußt die Werttheorie beiseite läßt. Das ver-

breiteteste Lehrbuch dieser Art, das heute auch in Deutschland noch

eine Rolle spielt, ist das von Gustav Cassel. Jedoch führt auch die

Grenznutzentheorie, besonders in der Weise, wie sie von Walras

begründet wurde, zu einer überwiegend mathematischen Darstel-

lung. Ja, die Grundgleichungen von Walras, die mit Hilfe höherer

Mathematik entwickelt wurden, waren maßgebend auch für solche

Mathematiker, welche den Grenznutzen ebenso wie jede andere

Werttheorie planmäßig ablehnten, gerade auch für Cassel selbst.

Daß für die mathematische Schule die Wirtschaftsgesetze ein In-

begriff von mathematisch-mechanischen Gesetzen (mathematischen

„Funktionen“, die ja zu unterscheiden sind von den teleologischen

Funktionen oder Leistungen) sind, liegt in der Natur der Sache

und braucht nach allem Vorangegangenen hier nicht weiter aus-

geführt zu werden.

Auch nach der mathematischen wie nach der Grenznutzenschule

mußte folgerichtigerweise, ganz wie bei Ricardo, Sozialpolitik auf

die Dauer unmöglich sein, auch nach der mathematischen und der

Grenznutzenschule müßte ein Sich-Auflehnen gegen die Preisgesetze

heißen „den Mond anbellen“. Doch fehlte hier schon Mengern und

Böhm-Bawerk Mut und Kraft zur Klarheit, geschweige denn ihren

Schülern.