Table of Contents Table of Contents
Previous Page  3670 / 9133 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 3670 / 9133 Next Page
Page Background

238

mögen — und sie sind sich ihrer freilich nur selten völlig klar be-

wußt — soviel steht fest, daß ihre naturwissenschaftliche Einstellung

die Wirtschaft schlechthin als Druck, als Last, als Gefangenschaft

des Menschen empfinden läßt, der niemand entfliehen kann. Denn

die Wirtschaftslehre ist Physik, gegen Physik lehnt sich niemand auf.

Eingestanden oder nicht, die Wirtschaft muß als etwas Furcht-

bares erscheinen, dessen der Mensch sich nicht erwehren kann. Ein

Fluch lastet über der Wirtschaft, die wie die tote Natur sinnlosen,

unerbittlichen Notwendigkeiten preisgegeben ist. Zwar wirft sich

der Menschengeist, wie die übersteigerte Dämonie der Aufklärung

überhaupt es liebt, mit Begeisterung, gleichsam mit verzweifeltem

Optimismus weg an die stoffliche Natur — und der Druck, die Ge-

fangenschaft, der Fluch sollen nicht nur empfunden, sie sollen sogar

freudig begrüßt werden! Gleichwie die Darwinisten mit Begeiste-

rung den Menschen als Tier feierten und sich daran, daß er dereinst

ein noch höheres Tier werden würde, noch mehr begeisterten; so

auch hier. Nach Marx soll die mechanische Notwendigkeit sogar

höhere Zwecke, den Kommunismus, erreichen helfen; ähnlich wie es

früher die Lehre von der Harmonie bei Smith, später die Lehre von

der „Höherentwicklung der Menschheit“ durch die Auslese der

Besten bei Charles Darwin und Ernst Haeckel verkündete.

Aber was will das besagen? Aller Optimismus, alle stilisierte

Seichtigkeit, alle Abgestumpftheit gegenüber dem Mechanischen und

Sinnlosen, das unsere gesamte Naturwissenschaft — nicht nur die

soziale — von der ungeschlossenen, unganzen, toten und ewig ver-

änderlichen Natur lehrt, kann über das Vernichtende, über die Dä-

monie dieser Lehre nicht hinweg helfen und ihren satanischen Geist

nicht verbergen. Die Wirtschaft bleibt ihm geist- und gottverlassen

und gerade sie ist ihm das Schicksal des Menschen.

Lassen wir aber auch alle Art von Entwicklungsbegeisterung und

Stoffgläubigkeit beiseite, so ergibt sich doch immer wieder dasselbe:

Alle individualistische Volkswirtschaftslehre drängt ihrem Verfahren

nach mit innerer Notwendigkeit zur Mathematik. Mathematik

kann aber vom Leben nichts erklären. Der mathematische Verstand

kommt an die Welt des Lebens und des Geistes nicht heran. Da

aber die Wirtschaft irgendwie doch zum Leben gehört, muß nach

einem andern Lehrbegriffe Umschau gehalten werden.