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Sie ist es, die neben der Kunst (deren Weise die Darstellung der
Idee im Sinnlichen ist) und der Wissenschaft (deren Weise die Dar-
stellung der versinnlichten Idee im Begriffe ist) am mächtigsten da-
für sorgt, daß der Geist nicht nur am Geiste, sondern, wenn man es
so ausdrücken darf, auch an der Natur zu sich selbst komme.
D e n n d e r G r u n d d e r W i r t s c h a f t i s t b e i w e i t e m
n i c h t n u r d a s B e d ü r f n i s d e s L e i b e s l e b e n s ; auch
die rein geistigen Ziele erfordern Mittel zu ihrer Erreichung! Auch
wenn wir nicht essen müßten, sondern nur geistig zu leben ver-
möchten, gäbe es noch Wirtschaft. Quadersteine für die Kirche, Far-
ben, Kulissen, Licht für das Schauspiel, Tonwerkzeuge für die Mu-
sik, Papier und Druckerschwärze für die Schule, Forschung, Über-
lieferung, die mannigfachsten Geräte für Laboratorien, Sternwarten
und vieles andere wären vonnöten. Es bliebe also noch immer ge-
nug Mühe und Sorgfalt aufzuwenden. Es ergäbe sich die Notwen-
digkeit eines noch immer sehr stattlichen Gebäudes von Leistungen
der „Mittel für Ziele“. Auch wenn nur geistige Ziele gültig wären,
würde sich daher der Mensch durch die Wirtschaft an die äußere
Natur gewiesen und gekettet sehen.
Indem sich nun der Mensch in der Wirtschaft vornehmlich der
äußeren Natur zuwenden und ihrer Stofflichkeit bemächtigen muß,
wird er zuerst zu unablässigen Anstrengungen zu immer neuem
Einsatz von Kräften aufgefordert. Dieser Einsatz muß ein leiblicher
und geistig-sittlicher sein.
Daß die Arbeit unsere leiblichen und sittlichen Kräfte entwickelt,
ist ein Segen, der seit Urzeiten gepriesen wird.
Der gleiche Segen spricht auch aus dem Gesetze, daß der Mensch
überall, wo er es zu leicht hat, in Gefahr ist, träge, stockig, stumpf
zu werden; daher auch das Überraschende, daß alle Überfülle, alles
Üppige, Schwelgerische gar bald welkt, kraft- und saftlos wird. Das
Paradies ist uns hier versagt. Es wäre ein Schlaf der Geister. Die
Kräfte des Menschen wollen durch Zucht, Zwang, Anstrengung,
Ringen, wollen durch Erschütterung und Schmerzen hervorgelockt,
gebildet und geedelt werden. Alles Vollkommene muß durch Reini-
gung und Leid hindurchgehen.
Faßt man diese ungeheure Verrichtung der Wirtschaft im Haus-
halte des menschlichen Geisteslebens ins Auge, so erkennt man wohl,
wie unentbehrlich sie ist. Was könnte ohne die stete Hervorreizung