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sonen oder ihre Haare, Geräte berührt werden; und die sympathe-

tische, oder homöopathische, wobei zum Beispiel ein Bild der zu

bezaubernden Personen bezaubert wird. — Die ethnologische Schule

erörterte die Frage, ob Magie schon Religion im eigentlichen Sinne

sei. Der Unterschied liege darin, daß die Religion p e r s ö n l i c h e

Kräfte in der Natur nach der Ähnlichkeit mit sich selbst vorstellt,

während in der Magie unpersönliche Kräfte benützt würden; oder

man sagt, die Magie sei egoistisch, antisozial, jeder zaubert zu seinem

Nutzen; die Religion sei sozial. Doch wird auf die engste praktische

und wesenhafte (theoretische) Verbindung von Religion und Ma-

gie nachdrücklich hingewiesen. Ein bunter Geister- und Dämonen-

glaube sei von einem bunten Allbeseelungsglauben (Animismus)

und Götterglauben nicht sehr verschieden.

Die Magie reicht hoch in die ausgebildeten Regionen hinauf. Heilkultur, zum

Beispiel Weihen des kranken Gliedes; Kommunion, in der der Mensch sich die

göttliche Substanz einverleibt, wodurch er selbstgöttlich wird (zum Beispiel in

der dionysischen ώμοφαγία; Wetterzauber, zum Beispiel durch Bittprozessionen;

Fruchtbarkeitszauber, Abwehrzauber sind auch heute noch feste Gebräuche, die

von der ethnologischen Schule als „prädeistische Zauberzeremonien“ betrachtet

werden müssen „und nur äußerlich und nachträglich an einen Gott angeknüpft

worden sind“

1.

3. Der Totemismus

Als eine weitere Durchgangsstufe der Religion wurde vielfach

auch der Totemismus

2

betrachtet. „Totem“ heißt das Wappen der

Indianer, auf dem ein Tier (manchmal auch eine Pflanze) abgebildet

ist. Unter „Totemismus“ versteht man eine enge Beziehung zwi-

schen einer Gruppe von Menschen, dem sogenannten K l a n (das

ist jene Unterabteilung des Stammes, die durch ihr besonderes

Totem abgegrenzt ist), und jener Tierart, die im Wappen geführt

wird, dem Totemtier. Diese enge Beziehung besteht meistens in

der Anschauung, daß das Totemtier der Stammvater des Klans sei,

oder mindestens zwischen beiden Verwandtschaft, ja Identität (?)

bestehe. Das Totemtier darf im allgemeinen weder getötet noch

genossen werden. Totemismus tritt meistens zugleich mit E x o -

1

Martin Paul Nilsson: Griechische Religion, a. a. O., S. 275.

2

Aus dem ungeheuren Schrifttum über Totemismus nenne ich nur Edgar

Dacque: Leben als Symbol, Metaphysik und Entwicklungslehre, München 1928,

2. Aufl. 1929.