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Gestalt und Verbindung vorgetragen. Auch diese Schulen gilt es

noch kurz zu betrachten.

Als die wichtigsten Begründer der modernen naturalistischen Re-

ligionswissenschaft sind Hume und Feuerbach hervorzuheben. Da-

vid Hume

1

hat in neuerer Zeit zuerst eindrucksvoll die Religion

anthropomorphistisch erklärt und damit zugleich als Erzeugnis

wechselnder geschichtlicher wie psychologischer Umstände, das heißt

zugleich relativistisch und psychologisch, wie es auch sonst seinem

empiristischen Begriffsgebäude entspricht. Die Menschen, meint er,

machen sich ihre Göttervorstellungen nach ihren subjektiven, mit

den geschichtlichen Umständen wechselnden Wünschen und Bedürf-

nissen; woraus folgt, daß die Göttervorstellungen unter geschicht-

lichen und psychologischen Bedingungen entstehen und sich ent-

wickeln. — Ludwig Feuerbach

2

hat dann im Grunde die gleichen

Gedanken auf Grund reicheren geschichtlichen Stoffes wieder ent-

wickelt und damit zu seiner Zeit großen Eindruck in Deutschland

gemacht, namentlich auch auf Marx und Engels (Marx fiel darauf-

hin von Hegel ab). Die Grundgedanken dieser beiden entschiedenen

Empiristen werden heute von den modernen naturalistischen Schu-

len der Soziologie planmäßig fortgeführt. Von diesen betrachten

wir im folgenden die vergleichende mythologische Schule, die ethno-

logische und die sogenannte panbabylonische Schule.

A. Die v e r g l e i c h e n d e M y t h o l o g i e , a u c h

e t y m o l o g i s c h e o d e r m e t e o r o l o g i s c h e S c h u l e

g e n a n n t

Der Grundgedanke dieser von Adalbert Kuhn gegründeten, von

Max Müller, Ludwig Preller, Wilhelm Heinrich Roscher und ande-

ren fortgesetzten Schule ist folgender: Gleichwie die indogermani-

schen Sprachen eine Einheit bilden, bilden auch die religiösen Vor-

stellungen aller indogermanischen Völker ursprünglich eine Einheit,

die i n d o g e r m a n i s c h e U r r e l i g i o n . Dieser Gedanke

setzt einen etymologischen Zusammenhang der mythischen Namen,

1

David Hume: Essays and Treatises on several Subjects, Vol. 2: The Natural

History of Religion, London 1768.

2

Ludwig Feuerbach: Das Wesen des Christentums, Leipzig 1841; Das Wesen

der Religion, Leipzig 1845.