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orge F r a z e r zu nennen
1
. Jedoch geht diese Richtung schon auf
frühere, namentlich englische Werke zurück, die im folgenden zum
Teil zur Sprache kommen.
Heute gehört der allergrößte Teil der Religionsforscher der
ethnologischen Richtung an.
1. Der Animismus
Den ersten Versuch, der innerlich schon ganz in die Art der
ethnologischen Schule fällt, eine allgemein gültige Erklärung der
Religion auf völkerkundlicher Grundlage zu geben, machten im An-
schluß an Comte John Lubbock, Edward Burnett Tylor und andere.
Der A n i m i s m u s , der Glaube an Allbeseelung durch Geister-
wesen, gibt nach ihm die „Minimumdefinition der Religion“, wie
Wilhelm Wundt in seiner Völkerpsychologie sagt.
2. Der Präanimismus
Weiter zurück ging der oben erwähnte „ P r ä a n i m i s m u s “ ,
auch „Animatismus“ genannt, der eine „neue Minimumdefinition“
der Religion versuchte
2
. Der Präanimismus behauptet, daß in der
einfachsten Religiosität die Geisterwesen nicht als individuelle ge-
faßt werden, sondern als „wirkende Kräfte schlechthin“, als unper-
sönliche, undifferenzierte „Kraft“ oder „Macht“, trotzdem sich die
wirkende Kraft stets in Einzelfällen, also individuell, äußert. Es
gibt, so sagt diese Lehre, zwei „Kräfte“ oder „Mächte“ in der Welt:
menschliche (mentale) und unpersönliche, physikalische (zum Bei-
spiel Wechsel von Tag und Nacht, Himmelskörper). Aus den
1
James George Frazer: The golden Bough, A Study in Magic and Religion
(1890), 12 Bde, 3. Aufl., London 1919—22, das bedeutendste Werk der ganzen
Richtung, das jetzt deutsch im Auszug vorliegt: Der goldene Zweig, übersetzt
von Helen von Bauer, Leipzig 1928. — Trotz aller grundsätzlicher Mängel ist
Frazers Werk als Tatsachenbuch betrachtet von größter Bedeutung. Weniger zu-
verlässig, aber gehaltvoller ist das ältere Werk von Joseph Ennemoser: Geschichte
der Magie, Leipzig 1844.
2
Vgl. außer Frazer besonders: Robert Ranulph Marett: The Threshold of
Religion, London 1914. Weitere Schriften bei Paul Wilhelm Schmidt: Der Ur-
sprung der Gottesidee, Teil 1: Historisch kritischer Teil, Münster 1912, 2. Aufl.,
Münster 1926.