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das heißt nicht „psychologisch“. Man muß auf den G e h a l t die-

ses „Gefühles“ sehen. Der Gehalt ist aber damit bezeichnet, daß

der einzelne Mensch in der Andacht mit dem Übersinnlichen in

eine (noch so vermittelt gedachte) „Berührung“ kommt. Ohne eine

Spur von Entzückung ist Andacht unmöglich. So betrachtet, findet

man in „Andacht“ und „Glaube“ ein Ursprüngliches, eine Grund-

tatsache unseres Selbstes beschlossen, ähnlich den Grundtatsachen

des Logischen, des Schönen, aber eine noch ursprünglichere, tiefere.

Die Andacht und das, worauf sie beruht, der Glaube als Grund-

tatsache unseres Bewußtseins, ist die Äußerung des Befaßtseins des

Menschen als eines Endlichen im Unendlichen.

Weiter: Da ein Endliches nie a l l e i n im Unendlichen enthal-

ten sein kann, drückt sich auch hierin schon die G e m e i n -

s c h a f t , die Gegenseitigkeit alles Glaubens aus — womit die

subjektive in die objektive (soziale, überindividuelle) Begriffs-

bestimmung übergeht. Das lehrt auch schon der tiefsinnige schola-

stische Satz: Coniunctio hominis cum deo est coniunctio hominum

inter se se

1

.

Ferner darf auch der Glaube nicht in einem äußerlichen Sinne

verstanden werden. „Glauben“ heißt primär nicht „fürwahrhalten“,

ist primär überhaupt nichts Theoretisches, Denkerisches, Diskur-

sives, ist kein Meinen und Vermuten. Das wäre ein recht äußer-

licher Begriff von „Glauben“, der in der Religion und im meta-

physischen Empfinden keinen Platz finden könnte. „Glauben“ im

religiös-metaphysischen Sinne ist vielmehr das unmittelbare Inne-

werden, ist die urgegebene innere Wissenschaft und sichere Ahnung

des Übersinnlichen. „Der Glaube“, sagt Thomas von Aquino, „ist

im gewissen Sinne ein Vorverkosten (praelibatio) jener Erkenntnis,

die uns dereinst selig macht.“

2

Recht verstanden, kann daher der vielberufene „ G e g e n s a t z v o n G l a u -

b e n u n d W i s s e n “ niemals aufkommen. Ein solcher Gegensatz ist bei

richtiger universalistischer Betrachtung der geschichtlichen Geistesinhalte der

1

Gewiß hätte Gott auch eine andere Welt schaffen können. Aber in der, die

wir vorfinden, sind nicht einzelne endliche Wesen nebeneinander gestellt, sondern

alle endlichen Wesen G l i e d e r des geordneten Weltganzen, alle als Glieder in

einem höheren Ganzen e n t h a l t e n ( M i t a u s g l i e d e r u n g , G e z w e i -

u n g ) .

2

Thomas von Aquino: Compendii theologiae ob eo morte praeuento non

perfecti, Venedig 1585, S. 22.