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Kulturen dem Wesen der Sache nach ein Widerspruch, so sehr, daß man ihn als
ein hölzernes Eisen bezeichnen darf. Denn auch das begriffliche Denken baut auf
das erlebende, intuitive auf.
Es ist ein G r u n d i r r t u m z u m e i n e n , d a ß e s r e i n r a t i o -
n a l i s t i s c h e s , r e i n d i s k u r s i v e s W i s s e n ü b e r h a u p t g ä b e .
Kein Wissen geht rein logisch wie eine Rechnung auf, jedes Wissen weist zuletzt
auf eine Intuition, auf ein Geglaubtes, ein dem metaphysischen Glaubensakt
eng verwandtes Irrationales zurück. Nur für Empiristen vom Schlage eines
Hume, denen Glauben ein bloßes theoretisches Fürwahrhalten, ein bloß dis-
kursives Wissen ist, hat jener Gegensatz einen Sinn. Da muß auch folgerecht das
unsichere Wissen, von den Empiristen „Glauben“ genannt, dem sicheren Wissen,
von den Empiristen „Wissenschaft“ genannt, weichen. Hume aber, der in der
Philosophie ein Nichtkenner war, wußte nicht, daß es jener (äußere) „Glaube“,
jenes bloße Fürwahrhalten, nicht sein kann, worum es sich auf metaphysischem
Gebiete handelt. Hier steht in Wahrheit intuitives Wissen gegen diskursives
Wissen, also Wissen gegen Wissen, aber nicht beides von gleicher Art, sondern
das tiefste, schauende, unerschütterliche Grundwissen oder der innere Glaube
gegen das zerlegende Sonderwissen, dessen intuitive Grundlagen zuletzt auf die
Urintuition des Glaubens zurückführen, das daher allezeit dem Glauben weicht
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.
Wo, wie im Abendlande seit der Aufklärung, ein Kampf zwischen „Glauben
und Wissen“ entbrennt, handelt es sich in Wahrheit und im tiefsten Grunde um
die Erschütterung des Glaubens selbst. Diese Erschütterung erst ist es, welche
den Kampf des Wissens gegen das Wissen ermöglicht, nämlich des nunmehr nur
äußerlich genommenen, nur äußerlich gewußten Dogmas, das heißt des nicht
mehr innerlich vollerlebten Scheinglaubens oder vermeintlichen Wissens gegen
das durch Versuch und Mathematik erzielte Wissen der Naturbeobachtung.
Niemals kann die Wissenschaft den Glauben anfechten, dem Glauben entgegen
sein; Wissen ist vielmehr erst durch Glauben möglich, in dem Sinne nämlich,
daß Bewußtsein zuletzt erst durch die Selbstgewißheit des Befaßtseins der eigenen
Ichheit in einer höheren Welt möglich ist. Ohne diese, auch von Deisten und
Atheisten erschlichene Selbstgewißheit, kann Wissen sich in sich selbst nicht
finden und sich nicht vertrauen.
Für die Gesellschaftslehre gilt es, das Religiöse zuerst in seiner
allgemeinsten Form ins Auge zu fassen, um seine S t e l l u n g i m
L e b e n recht zu erkennen. Schon das einfache, innige Natur-
empfinden ist ohne Andacht nicht möglich, ist zuletzt — durch
Religiosität gegründet. In dem Augenblick, da in der Natur ein
eigenes Leben gefühlt und gewußt wird, muß das e i n z e l n e
Wirkliche als verhältnismäßig unwirklich erscheinen. Und als Quelle
aller Wirklichkeit tritt nun das hervor, was in der Natur selbst
schaffend lebt, eine natura naturans, ein Bedeutendes, ein Höheres,
das hinter der Welt steht. Darum wird schon durch das einfache,
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Obwohl die „natürliche Erkenntnis“, die Wissenschaft, größere Klarheit hat,
steht die Gewißheit des Glaubens höher, wie alle großen Religionslehrer richtig
betonen. So zum Beispiel P l a t o n im X. Buche der „Gesetze“.