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überall sind also die Teile vor den betreffenden Ganzheiten, über-
all sind sie das Letzte, das Allein-Wirkliche.
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Zuletzt noch einige andere bunte Beispiele: Das Haus ist ein Zu-
sammengeraten von Ziegelsteinen — denn diese sind vor dem Gan-
zen, sind die letzten, allein wirklichen Teile;
das Nibelungenlied ist ein Zusammengeraten von Buchstaben,
denn diese sind vor dem Ganzen, sind die letzten, allein wirklichen
Teile;
der Vertrag ist ein Zusammengeraten der vertragschließenden In-
dividuen, denn diese sind vor dem Vertrag, sind die letzten, allein
wirklichen Teile;
der Verein ist ein Zusammengeraten vieler Mitglieder, denn diese
sind vor dem Ganzen, sind die letzten, allein wirklichen Teile;
der Markt ist ein Zusammengeraten von Käufern und Verkäu-
fern, denn diese sind vor dem Ganzen, sind die letzten, allein wirk-
lichen Teile;
die Fabrik ist ein Zusammengeraten von Maschinen, Rohstoffen,
Arbeitern, denn diese sind vor dem Ganzen, sind die letzten, allein
wirklichen Teile.
Wenn nun diese Sätze richtig sind, wenn überhaupt grundsätzlich
die Teile vor dem Ganzen sind, weil sie erst durch ihre Zusammen-
setzung das Ganze ausmachen, durch ihr Zusammentreten, ihre
Häufung oder Kombination die jeweiligen „Ganzheiten“ bilden;
und diese deswegen, weil sie allein die Letzten, Wirklichen, die ur-
s p r ü n g l i c h e Wirklichkeit sind, sei es als körperliche Atome,
als Vorstellung oder Gefühl oder als Handlung oder schließlich als
menschliches Individuum — wenn dieses alles zutrifft, dann ergibt
sich mit Notwendigkeit, daß „Ganzheit“ nicht nur nicht das logisch
Erste ist, sondern überhaupt nur ein Hilfsbegriff, ein Scheinbares,
ein durch Summierung (Häufung) Entstandenes ist, das sich aus-
schließlich oder mit einem eben in unseren Tagen herrschend ge-
wordenen Worte, eine F i k t i o n bedeutet! Es treffen dann mit
unentrinnbarer / Notwendigkeit die folgenden Sätze zu, die un-
leugbar unsere gesamte moderne Wissenschaft ihrem Geiste nach be-
herrschen:
Gott ist eine Fiktion — wirklich ist nur die Welt
1
;
1
Wenn man an Gott g l a u b e n will, ist dies Privatsache; die Wissen-
schaft aber, so sagt dieser Gedankengang, kann ihn nirgends finden