[75/76]
75
= Freihandel, Gewerbefreiheit = Kapitalismus; zuletzt = Zu-
kunfts-Anarchismus der marxistischen Zukunftsgesellschaft;
das Heer ist eine Fiktion — wirklich sind nur die einzelnen
Individuen (als solche, die kämpfen wollen, oder Krieger). Ferner
gilt:
die Kirche ist eine Fiktion — wirklich sind nur die einzelnen
Individuen (Gläubige und Priester); und von den geistigen Inhal-
ten der Gesellschaft gilt ebenso:
die Sprache ist eine Fiktion — wirklich sind nur die einzelnen
Wörter (Lexikon) und ihre Verbindungsweisen (Grammatik und
Syntax);
die Religion ist eine Fiktion — wirklich sind nur die einzelnen
Andachtsgefühle der Individuen (Subjektivismus und Psychologis-
mus der Religion). Ebenso gilt, um noch anderer Beispiele zu ge-
denken:
das Nibelungenlied ist eine Fiktion — wirklich sind nur die
einzelnen Wörter oder Laute;
der Vertrag ist eine Fiktion — wirklich sind nur die vertrag-
schließenden Individuen und ihre Willensakte
1
; ebenso das, was so
oft als Gebilde des Vertrages aufgefaßt wird:
/
der Verein (und somit jede Organisation, jede Genossenschaft,
welcher Art immer) ist eine Fiktion, sie besteht nur aus einzelnen
Menschen und ihren subjektiven Handlungen;
der Markt ist eine Fiktion — wirklich sind nur die einzelnen
Kauf- und Verkaufhandlungen der Wirtschaftssubjekte (die tun, was
sie wollen, zum Beispiel in der Gewerbefreiheit);
die Fabrik ist eine Fiktion — wirklich sind nur einerseits die Ma-
schinen, Rohstoffe usw., anderseits die Menschen;
das Haus ist eine Fiktion — wirklich sind nur die Ziegelsteine
(auch in diesen zuletzt nur die Atome der betreffenden Moleküle);
Zuletzt folgt: alles Wesenhafte und Bestandhafte, insbesondere die
Wahrheit, Schönheit und das Gute, wie auch, was die Gesellschaft
1
Zum Vertrag sei bemerkt, daß er in Wahrheit nicht aus den Handlungen
der Vertragsparteien besteht, sondern darin, daß sich diese, wie schon Hegels
Rechtsphilosophie zu entnehmen ist, einem Gemeinsamen, einem Überindividuel-
len unterwerfen, das heißt Glied einer Ganzheit werden; ähnlich der Verein und
jede Organisation, die ja ein überindividuelles Ganzes darstellt. Vgl. dazu mein
Buch: Gesellschaftslehre,
z.
Aufl., Leipzig 1923, S. 411 ff. [3. Aufl., Leipzig
1930, S. 420 ff. und 437].