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deren Glieder; und er ändert s i e nicht bloß in einer Hinsicht,
zum Beispiel in quantitativer, formaler oder einer einzigen inhalt-
lichen Bestimmtheit, sondern durch alle Teilinhalte, Stufen und
Freiheitsmächte hindurch. Dieses Allseitige, Genaue und absolut
Einheitliche ist eine der wichtigsten Eigenschaften der Entspre-
chung und der Hauptgrund, warum sie als eine eigene Weise her-
vorgehoben werden muß.
Der absoluten Empfindlichkeit und Strenge der Entsprechung
scheint es zu widersprechen, daß in der Verhältnis- / mäßigen
Selbständigkeit, im Eigenleben, des Gliedes stets etwas von den
Änderungen stecken bleibt, die es empfängt (welches „Steckenblei-
ben“ oder „Sieben“, das in aller Vermittlung enthalten ist, wir ja
schon von früher her kennen
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). Aber es wäre ein Irrtum, zu glau-
ben, daß darum die Änderungen nicht doch noch weitergegeben
würden. Was an Änderungen im Gliede stecken bleibt, ändert das
Glied selbst; und von diesen Änderungen gehen dann neue sinn-
volle Entsprechungen auf die anderen Glieder und Ganzheiten aus.
Es ist nur eine „Umformung“ der ersten Änderung, welche durch
„Siebung“ und „Steckenbleiben“ bewirkt wird; aber nicht eine
Hemmung des Entsprechungsfortganges selber. Darum darf man die
Empfindlichkeit eines Ganzen für die Entsprechung aller seiner
Glieder nach allen Weisen hin mit der „ P r i n z e s s i n a u f d e r
E r b s e “ vergleichen, welche bekanntlich durch viele Federbetten
hindurch die Unebenheit der kleinsten Erbse verspürt. Jedes Ganze
ist in der Abgestimmtheit seiner Teile eine Prinzessin auf der
Erbse, die von den allerkleinsten Unebenheiten gestört und um
Ruhe und Frieden gebracht wird.
Als eine eigene Unterweise der Entsprechung kann die Unstetig-
keit angesehen werden. Andere Namen dafür wären: Sprunghaftig-
keit, Diskontinuität, organische Ungleichheit.
In allen drei Arten der Ebenbildlichkeit, Inhalt, Stufe, Eigen-
leben, liegt diese Unstetigkeit oder Sprunghaftigkeit in ihrer Weise
beschlossen und sie kommt dann in der allseitigen Entsprechung
erst recht zum Ausdruck. Die auslegende Ebenbildlichkeit verlangt,
daß von einem Teilganzen zum andern unvermittelt, das heißt aber:
unstetig, abgebrochenerweise, übergegangen werde, zum Beispiel
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Siehe oben S. 169 f.